Otto Schmidt Verlag

Aktuell im MietRB

Abwehr störender Nutzungen im Wohnungseigentum (Schultzky, MietRB 2021, 283)

Das Recht des Gebrauchs von Sonder- und Gemeinschaftseigentum ist durch das WEMoG umfassend neu geregelt worden. Seit Inkrafttreten der Reform am 1.12.2020 hat sich das WEG insoweit nicht nur systematisch, sondern auch inhaltlich geändert. Das betrifft weniger die Reichweite der Nutzungs- und Abwehrrechte, sondern vor allem die Frage, ob dem Wohnungseigentümer oder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche bei einem unzulässigen oder störenden Gebrauch zustehen. Hierbei ist das Nebeneinander von schuld- und sachenrechtlichen Ansprüchen zu beachten, dass das nur auf ersten Blick klare System der Neuregelung weiter verkompliziert.


I. Die Rechtslage im Überblick

1. Ausgangspunkt: Die Art des Verstoßes

2. Verstöße gegen Nutzungsregeln

3. Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum

4. Eingriffe in das Sondereigentum

II. Abgrenzung von Ansprüchen der GdWE und der Wohnungseigentümer

1. Begrenzung des Abwehranspruchs aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG

2. Störung des Sondereigentums als Anspruchsvoraussetzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG

3. Störung des Sondereigentums bei § 1004 BGB

III. Das Verhältnis zum Besitzschutz

1. Rechte als Teilbesitzer

2. Rechte als Teil-Mitbesitzer

IV. Übergangsrecht

V. Fazit


I. Die Rechtslage im Überblick

Das gesetzlich im WEG ausgeformte Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander hat auch Einfluss auf deren Individualrechte. Der durch Lärm oder andere Emissionen gestörte Wohnungseigentümer kann längst nicht in jedem Fall selbst gegen den die Störungen verursachenden Miteigentümer vorgehen. Er sieht sich einer (nunmehr vollrechtsfähigen) Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (im Folgenden: GdWE) gegenüber, der das WEG eigene Rechtspositionen zuweist und die außerdem für bestimmte Rechte der Wohnungseigentümer nach § 9a Abs. 2 WEG ausübungsbefugt ist. Die Reichweite der – wie bisher – ausschließlichen Ausübungsbefugnis ergibt sich dabei aus § 9a Abs. 2 WEG und unterliegt – anders als bei § 10 Abs. 6 S. 3 WEG a.F. – nicht der Disposition der Wohnungseigentümer durch Willensentschluss.

1. Ausgangspunkt: Die Art des Verstoßes

Ob der einzelne Wohnungseigentümer oder die GdWE aktivlegitimiert ist, richtet sich nach der Art des Verstoßes. Zu unterscheiden sind:

  • Verstöße gegen Nutzungsregeln: Hierzu gehören v.a. Vereinbarungen über die sog. Zweckbestimmung. Verstöße gegen solche Zweckbestimmungen wurden z.B. in den vor einiger Zeit vielfach entschiedenen Fällen der Nutzung von Wohnungseigentum zur kurzfristigen Vermietung an Feriengäste oder sog. Medizintouristen (i.d.R. erfolglos) geltend gemacht. Nutzungsregelungen können auch durch Beschluss getroffen werden, insbesondere in der Hausordnung, z.B. das Verbot, auf den Balkonen zu grillen.
  • Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum: Typische Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum liegen nicht nur bei baulichen Veränderungen vor, also z.B. der Errichtung einer Terrasse auf der im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstücksfläche, sondern auch bei Immissionen durch Geräusche und Gerüche.
  • Eingriffe in das Sondereigentum: Die Eingriffe unterscheiden sich nicht qualitativ von denen in das gemeinschaftliche Eigentum. Bei ihnen ist aber der räumliche Bereich des Sondereigentums betroffen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Wohnungseigentümer durch Trittschall aus der über ihm liegenden Wohnung oder durch Gerüche aus dem Treppenhaus betroffen ist.


Üblicherweise berührt ein störendes Verhalten mehrere der vorgenannten Kategorien. In diesen Fällen stehen die jeweiligen Ansprüche (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.09.2021 14:13
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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