Otto Schmidt Verlag

LG Frankenthal v. 11.8.2021 - 2 S 132/20

Herüberwachsende Baumwurzeln dürfen auch dann zurückgeschnitten werden, wenn dadurch das Absterben des Baumes droht

Wachsen Baumwurzeln auf das Grundstück des Nachbarn herüber und beeinträchtigen dadurch die Nutzbarkeit des Grundstücks, dürfen diese Wurzeln im Wege der Selbsthilfe vom Nachbarn auch dann beseitigt werden, wenn dadurch das Absterben des Baumes droht. Dies hat das LG Frankenthal entschieden und damit die Rechtsprechung des BGH zu herüberwachsenden Zweigen auch auf Baumwurzeln angewendet.

Der Sachverhalt:
Wegen einer unmittelbar an der Grundstückgrenze stehenden Fichte kam es 2019 vor dem AG zu einem Nachbarschaftsstreit. Ein Mann aus Grünstadt wollte u. a. die gerichtliche Erlaubnis erhalten, Baumwurzeln beseitigen zu dürfen, die vom Nachbargrundstück auf sein Grundstück herüberwuchsen. Er argumentierte: Seine Nachbarn, ein Ehepaar, müssten das Abschneiden dulden, da die Nutzbarkeit seines Gartens (z.B. beim Rasenmähen) durch die aus der Erde herauswachsenden Wurzeln beeinträchtigt sei. Das Ehepaar wehrte sich gegen die Duldungspflicht, da das Zurückschneiden der Wurzeln ihrer Meinung nach den biologischen Tod der Fichte bedeuten würde. Das AG gab dem Mann in erster Instanz Recht.

Das LG hat das Urteil des AG insoweit bestätigt, als die Nachbarn den Rückschnitt der Wurzeln ihres Baumes zu dulden haben. Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem die Revision zum BGH nicht zugelassen wurde.

Die Gründe:
Primär müssen die Baumeigentümer dafür Sorge tragen, dass es nicht zu herüberwachsenden Wurzeln kommt. Wenn diese ihrer Verpflichtung zum Rückschnitt nicht nachkommen, kann der Nachbar unter Beachtung naturschutzrechtlicher Vorgaben selbst zur Tat schreiten und im Wege der Selbsthilfe die auf seinem Grundstück befindlichen Wurzeln beseitigen.

Hierbei ist nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH auch nicht entscheidend, ob der Baum dadurch absterben kann. Denn das in § 910 BGB geregelte Selbsthilferecht soll eine einfache Hilfe bieten und nicht auf Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit geprüft werden. Die Baumeigentümer müssen nach dem Berufungsurteil jedoch nur die Beseitigung der Wurzeln akzeptieren, die den Nachbarn tatsächlich beeinträchtigen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Wurzeln beim Rasenmähen stören und es zu Beschädigungen am Rasenmäher kommen kann.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.09.2021 13:48
Quelle: LG Frankenthal PM vom 17.9.2021

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