Otto Schmidt Verlag

Aktuell im MietRB

Minderung nur bei wesentlichen Beeinträchtigungen vom Nachbargrundstück (Börstinghaus, MietRB 2022, 57)

Eine Mietsache ist den unterschiedlichsten Einflüssen ausgesetzt. Dies kann durchaus Einfluss auf die konkrete Nutzbarkeit haben und vor allem auch Erwartungen des Mieters erschüttern. Mitrechtlich stellt sich dabei immer die Frage, für das Vermieter einstehen, also welche Beschaffenheit er dem Mieter diesbezüglich schuldet. Der BGH hat mit seiner „Bolzplatzentscheidung“ hier bekanntlich eine eher restriktive Auffassung vertreten. Die Anleihe bei der sachenrechtlichen Norm des § 906 BGB wurde aber durchaus auch kritisch gesehen. Der Senat hat nunmehr seine Auffassung in einem Verfahren, in dem es um Beeinträchtigungen von einer auf anderen Straßenseite liegenden Baustelle ausging, nochmals wiederholt, aber argumentativ deutlicher formuliert.


I. Das Problem

1. Einleitung

2. Der konkrete Fall

II. Die Entscheidung des Gerichts

1. Leitsätze

2. Gründe

III. Konsequenzen für die Praxis

IV. Beraterhinweis


I. Das Problem

1. Einleitung


Die Mietsache ist den unterschiedlichsten Einflüssen ausgesetzt. Dabei stellt sich jedes Mal die Frage, ob das ein Mangel ist, der die Gebrauchstauglichkeit einschränkt. Beides sind selbständige Prüfungspunkte. Es gibt Mängel, also Abweichungen der Ist- von der Sollbeschaffenheit, die aber keine Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit zur Folge haben (z.B. Flächenabweichungen unter 10%) oder auch Gebrauchsbeeinträchtigungen, die auf keinem Mangel beruhen (z.B. verregneter zu kalter Sommer, der keine Gartennutzung ermöglichte). Streitträchtig sind Beeinträchtigungen, die lagebedingt sind, also z.B. Lärm und Staub vom Nachbargrundstück. Auch hier hat der Vermieter in der Regel, wenn er nicht selbst Bauherr ist, kaum einen Einfluss.

Das Sachenrecht enthält eine Vorschrift für die Beziehungen der Nachbarn untereinander, nämlich § 906 BGB. Der BGH hat schon vor Jahren in seiner Bolzplatzentscheidung die Wertungen dieser Norm auch auf das schuldrechtliche Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter übertragen. Die Entscheidung wurde vereinzelt kritisch aufgenommen. So hat auch die 64. ZK des LG Berlin die Ratio der Bolzplatzentscheidung für nicht überzeugend angesehen und in einem Fall, in dem auf dem Nachbargrundstück gebaut wurde, ohne Beweisaufnahme wegen der erfahrungsgemäß von einem solchen Bauvorhaben ausgehenden Störungen, eine Mietminderung angenommen.

2. Der konkrete Fall

Die Kläger sind seit dem Jahr 2011 Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung der Beklagten in Berlin. Ab November 2017 errichtete die Streithelferin der Beklagten auf einem Grundstück auf der gegenüberliegenden Straßenseite, welches bis dahin als Kleingartenkolonie genutzt worden war, vier Wohngebäude mit sechs bis acht Vollgeschossen samt Unterkellerung und einer Tiefgarage. Die Kläger hielten wegen des durch diese Baustelle auf ihre Wohnung einwirkenden Baulärms sowie wegen mit den Baumaßnahmen verbundener Staubentwicklung eine Mietminderung von 30 % für angemessen. Mit der Klage haben sie die Beklagte deshalb auf anteilige Rückzahlung von Miete in Anspruch genommen und weiter die Feststellung begehrt, dass die Bruttowarmmiete bis zur Beendigung der Außenarbeiten auf dem gegenüberliegenden Grundstück um 30 % gemindert sei.

Das AG hat den Klägern einen Minderungsbetrag von 15 % zugesprochen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das LG hat die Beklagte zur einer Rückzahlung verurteilt und festgestellt, dass die Bruttowarmmiete um 15 % gemindert gewesen sei; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

II. Die Entscheidung des Gerichts

Das hatte, man möchte fast sagen: (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.02.2022 12:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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