Otto Schmidt Verlag

Aktuell im MietRB

Mietkaution und Verwahrentgelt (Horst, MietRB 2022, 120)

Eine jahrelange Null-Zins-Politik der EZB sowie immer stärker Platz greifende „Verwahrentgelte“ für Kontovaluten führen zu einem Anlagenotstand, insb. für Mietkautionen. Häufig angelegt auf einem Sparbuch können Kautionen keine Zinsen mehr erwirtschaften. Über ein „Verwahrentgelt“ wird dann mit dem Effekt der Belastung des Endkunden gegenfinanziert. Banken, die diesen Weg nicht gehen wollen, fordern neuerdings Mindesteinlagen. Damit werden „kleinere“ Vermieter ausgegrenzt. Möglich bleiben diesen nur Sammelkonten oder bei der Gewerberaumvermietung zusätzlich auch entsprechend hohe Kautionseinlagen. Diese ökonomischen Prozesse drängen zu der Frage alternativer Anlagemöglichkeiten für Mietkautionen.


I. Zwang zum Handeln?

II. Denkbare Anlageformen

1. Denkbare zulässige Anlageformen

2. Unzulässige Anlageformen

3. Möglichkeit der Gewinnerzielung

III. Handling in der Praxis – Vor- und Nachteile für Mieter und Vermieter

1. Barkaution

2. Kautionskonten

3. Mietkautionsbürgschaften

4. Bürgschaft einer Kautionsversicherung

5. Schuldbeitritt

6. Abtretung von Forderungen des Mieters

7. Aktien und sonstige Wertpapiere, hochspekulative Anlagen

IV. Aktuell bestehende alternative Anlagemöglichkeiten

V. Anspruch auf Auswechslung vereinbarter Sicherheiten durch den Mieter nach Treu und Glauben?

VI. Wiederauffüllungsanspruch des Vermieters

1. Wiederauffüllungsanspruch bei erhaltener Stammeinlage

2. Verwahrentgelt bei unterschrittener Stammeinlage

VII. Keine Besonderheiten bei preisgebundenem Wohnraum und Gewerberaummiete

VIII. Fazit


I. Zwang zum Handeln?

Das Mietrecht gibt dem Vermieter auf, die als Geldsumme erhaltene Kaution verzinslich und insolvenzfest, d.h. treuhänderisch getrennt von seinem eigenen Vermögen, anzulegen (§ 551 Abs. 3 S. 1 und 3 BGB). Dabei ist es einerlei, ob der Mieter Bargeld auf den Tisch legt oder auf ein Konto des Vermieters überweist.

Eine gesetzliche Handlungspflicht zur Umsteuerung einmal gewählter Anlageformen erwächst dem Vermieter daraus aber nicht. Denn die Kautionsabrede im Mietvertrag ist und bleibt Basis der vereinbarten Kaution. Weder die Kaution als Vermögensmasse selbst noch die Art ihrer Anlage sind im Gesetz geregelt, sondern werden nur durch den Mietvertrag (verpflichtend) bestimmt. Folgerichtig stellt § 551 Abs. 3 S. 2 BGB darauf ab, dass die Mietvertragsparteien statt einer Geldsumme eine andere Anlageform „vereinbaren“ können. Für den hier untersuchten Zusammenhang bedeutet das, dass Mieter und Vermieter aus den vorgestellten ökonomischen Gründen nur gemeinsam durch Vereinbarung von der einmal gewählten Anlageform abweichen können.

Wegen dieser speziellen Regelung in § 551 Abs. 3 S. 2 BGB folgt zunächst ein einseitiges Handlungsgebot des Vermieters auch nicht etwa aus einer vertraglichen Nebenpflicht gegenüber dem Mieter (§ 241 Abs. 2 BGB). Der hier vorgestellte gesetzliche Mechanismus ist zusätzlich zumindest halbzwingend; zum Nachteil des Mieters kann davon nicht durch Vereinbarung abgewichen werden (§ 551 Abs. 4 BGB). Ob eine hiervon abweichend gestaltete vertragliche Vereinbarung nur zum Vorteil des Mieters als zulässig anerkannt werden kann und deshalb weiterhin Beachtung verdient, muss einer Klärung im einzelnen Fall vorbehalten werden.

II. Denkbare Anlageformen

1. Denkbare zulässige Anlageformen


Gemeinsam mit den gebräuchlichen „klassischen“ Anlagen werden als Anlageformen (vgl. § 232 BGB) insgesamt diskutiert:

  • Barkaution, entweder als direkte Geldleistung oder als Überweisung auf das Konto des Vermieters,
  • Kautionssparbuch in der Form eines auf den Vermieter lautenden Kontos mit Treuhandvermerk oder in Form eines auf den Mieter lautenden Kontos mit Verpfändungsabrede oder schließlich mit Sicherungsabtretung der verbrieften Forderung, die gegenüber der kontoführenden Bank nicht angezeigt werden muss,
  • Bürgschaft,
  • Verpfändung oder Hinterlegung von Wertpapieren,
  • Aktien; in der Praxis kaum vorkommend, weil das Risiko die Wertigkeit der Sicherung durch Kursschwankungen, insbesondere durch Kursverluste unmittelbar beeinflusst und dem Vermieter nur dann ein Anspruch auf Aufstockung zuerkannt wird, wenn nach der Sicherungsabrede (Auslegung im Einzelfall entscheidend) eine Kautionshöhe fest vereinbart ist und der Aufstockungsanspruch durch diese Wertpapierform mit entsprechendem Kurswert auch erbracht werden kann,
  • rein spekulative Anlageformen; denn es kommt nur auf die Möglichkeit der Gewinnerzielung und nicht auf den Wahrscheinlichkeitsgrad einer Realisierung an; allerdings wird dadurch eine entsprechende Aufklärungspflicht des Vermieters angenommen, bewährt mit Schadensersatzfolge bei Pflichtverletzung,
  • Schuldbeitritt,
  • Mieterdarlehen,
  • Lohnabtretung, wegen des Überraschungscharakters einer solchen Klausel (§ 305c BGB) für vertraglich nicht einbeziehungsfähig erachtet, und im Übrigen gegen § 307 BGB verstoßend, weil die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Mieters dadurch über Gebühr eingeschränkt wird,
  • Sicherungsabtretung.


Für das Gewerberaummietrecht werden ergänzend vor allem genannt:

  • Sicherungsübereignung von Wertgegenständen,
  • Garantieversprechen, und
  • Patronatserklärung.


Endlich ist die notariell beurkundete Vollstreckungsunterwerfung (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) möglich und auch im Wohnraumbereich für Zahlungsansprüche des Vermieters zulässig. Sie verkörpert aber keine Sicherheit i.S.v. § 551 BGB und lässt sich deshalb auch mit einer hingegebenen Mietkaution kombinieren.

2. Unzulässige Anlageformen

Generell als nicht tauglich werden befunden

  • eine Hausrat- oder Haftpflichtversicherung des Mieters mit Vorausabtretung des Versicherungsanspruchs, und
  • Pflichtanteile für Mieter einer Genossenschaftswohnung.


3. Möglichkeit der Gewinnerzielung

Bedeutsam ist zunächst bei jeder der genannten Anlageformen, dass sie den (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.04.2022 14:27
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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