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Aktuell im MietRB

Kompetenzschutzstreitigkeiten im Wohnungseigentumsrecht (Elzer, MietRB 2022,154)

Seit dem 1.12.2020 obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Greifen Wohnungseigentümer in deren Befugnisse ein, fragt sich, was gilt. Der Beitrag stellt die dazu bislang ergangenen Entscheidungen vor und versucht, die aufgeworfenen Fragen in ein System zu bringen.

I. Schutz der Kompetenzen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
II. Kompetenzschutzklagen

1. Verwalter
a) Allgemeines
b) Vorgehen gegen den Verwalter
aa) Überblick
bb) Klage eines Wohnungseigentümers
cc) Klage der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
c) Andere Organe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
2. Wohnungseigentümer oder Dritter
a) Allgemeines
b) Vorgehen gegen einen Wohnungseigentümer
aa) Überblick
bb) Andere Wohnungseigentümer
cc) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
c) Schrifttum
III. Einordnungen
1. Überschreitung von Organkompetenzen
a) Überblick
b) Vorgehen des Verbandes
c) Vorgehen eines Verbandsmitglieds
2. Rechtlos handelnde Verbandsmitglieder
a) Überblick
b) Vorgehen des Verbandes
c) Vorgehen eines Verbandsmitgliedes
aa) Überblick
bb) Schutz von Verbandsinteressen
cc) Schutz eigener Interessen
IV. Fazit


I. Schutz der Kompetenzen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Es ist für jedes beliebige Verwaltungsrecht eines Verbandes vorstellbar, dass eines seiner Organe oder ein Ver- MietRB 2022, 155bandmitglied dieses verletzt. Dann sind ein Einschreiten des Verbandes, ein Einschreiten eines Verbandmitgliedes und ein Einschreiten Dritter denkbar.

Beraterhinweis
Die Klage eines Verbandes gegen sein pflichtwidrig agierendes, das Kompetenzgefüge verletzende Organ sollte nicht mit der Klage eines Organs gegen ein anderes vermengt werden. Die erste Klage ist eine Kompetenzschutzklage. Die zweite Klage ist ein „Interorganstreit“. Bei diesem stellen sich besondere Fragen. Diese Differenzierung zwischen „Kompetenzschutzklage“ und „Interorganstreit“ ist zwar nicht ohne Schwierigkeit: Handelt der Verband, muss ein anderes Organ seine Interessen vertreten. Damit „versteckt“ sich hinter dem Streit des Verbandes mit einem Organ der Sache nach ein (indirekter) „Interorganstreit“. Es ist aber dogmatisch und prozessual richtig, die Fälle voneinander zu unterscheiden. Denn die Fragen sind nicht gleichgelagert. Und die Ergebnisse müssen nicht gleich sein. Nimmt man die formale Sichtweise ernst, die darin besteht, dass ein Verband mit einem Organ „kämpft“, ist es daher auch nicht richtig, auf das den Verband vertretende Organ und seine Interessen zu sehen.

Um die Problematik für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erörtern, genügt es, sie anhand der Einberufung der Versammlung darzustellen. Denn nach § 24 Abs. 1 WEG wird die Versammlung der Wohnungseigentümer zwar von dem Verwalter einberufen. Der Verwalter handelt bei der Einberufung aber unstreitig als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Der Verwalter muss die Versammlung für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mindestens einmal im Jahr einberufen (§ 24 Abs. 1 WEG). Ferner muss der Verwalter die Versammlung in Fällen einberufen, für welche die Wohnungseigentümer dies durch eine Vereinbarung bestimmt haben, oder wenn die Einberufung von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird (§ 24 Abs. 2 WEG). Ein einzelner Wohnungseigentümer ist an Stelle der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu einer Einberufung nicht berechtigt. Etwas anderes gilt erstens dann, wenn ein Verwalter fehlt oder sich pflichtwidrig weigert. In diesem Falle kann die Versammlung nach § 24 Abs. 3 WEG durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden. Ferner ist es zweitens möglich, dass ein Gericht einen Wohnungseigentümer zur Einberufung ermächtigt.

II. Kompetenzschutzklagen

1. Verwalter

a) Allgemeines

Der Verwalter verletzt seine Pflichten als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wenn er die Versammlung einberuft, obwohl sich sein Ermessen, das er für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausübt, auf „null“ reduziert hat und die Einberufung verbietet.

b) Vorgehen gegen den Verwalter

aa) Überblick

Überschreitet ein Verwalter pflichtwidrig seine Kompetenzen und verletzt er damit die Rechte der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, ist derzeit streitig, wer ihn auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Exemplarisch sei der Fall genannt, dass eine Ladung zur Unzeit erfolgt, z.B. wegen Verstoßes gegen eine Verordnung, die zur Eindämmung einer Pandemie erlassen wurde.

bb) Klage eines Wohnungseigentümers
Nach Ansicht des AG Ludwigshafen kann in diesem Falle ein einzelner Wohnungseigentümer Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer führen. Nach § 18 Abs. 1 WEG obliege der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Verwalter sei gem. § 9b Abs. 1 WEG ihr Vertreter. Wäre der Gegenstand des Verfahrens die Ausladung der Wohnungseigentümer, könne zwar...


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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.05.2022 16:40
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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