Otto Schmidt Verlag

Aktuell im MietRB

Der zertifizierte Wohnungseigentumsverwalter (Hogenschurz, MietRB 2022, 214)

„Wir führen den echten Sachkundenachweis für Makler, Miet- und WEG-Verwalter ein.“ Diese Aussage auf S. 94 des Koalitionsvertrags 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP) drückt die Wertung aus, dass die bestehenden Regelungen über den zertifizierten Verwalter keinen echten Sachkundenachweis enthalten. Die Praxis der Wohnungseigentumsverwaltung und die Wohnungseigentümer können angesichts dringlicherer Fragen nicht damit rechnen, dass die „neuen“ Regelungen zum zertifizierten Verwalter alsbald geändert und mit den gewerberechtlichen Anforderungen (§ 34c GewO) abgestimmt werden. – Der Beitrag stellt die Regelungen und damit verbundenen Fragen vor und zeigt damit auch, in welchem Umfang die Regelungen einer Reform bedürfen.


I. Entstehungsgeschichte

II. Die Übergangsregelung

III. Der Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter

IV. Die Zertifizierung des Verwalters

1. Prüfungsinhalt

2. Prüfungsverfahren

3. Befreiung von der Prüfungspflicht

4. Juristische Personen und Personengesellschaften

VI. Vergleich zu § 34c GewO

VII. Praktische Fragen

1. Wettbewerbsrechtlichen Folgen einer Täuschung über die Zertifizierung

2. Fortbildungspflicht für Mitarbeiter von Verwaltungsunternehmen?

VIII. Ausblick


I. Entstehungsgeschichte

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes hat im August 2019 in ihren Abschlussbericht gefordert, dass vor dem Hintergrund der Erweiterung der Kompetenzen des Verwalters ein Sachkundenachweis eingeführt und der nach § 34c GewO und nach § 15 MaBV verlangte Versicherungsschutzes auf Sachschäden erweitert wird. Diese Forderungen wurden im Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEModG) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und im Regierungsentwurf eines Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) nicht aufgegriffen. Schließlich wurden die Regelungen über zertifizierte Verwalter (dazu im Einzelnen unter III.), die ausdrücklich keine gewerberechtlichen Anforderungen begründen, erst im fortgeschrittenen Gesetzgebungsverfahren durch die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz in das Gesetz aufgenommen und zur Begründung ausgeführt, jedem Wohnungseigentümer solle ein Anspruch darauf eingeräumt werden, dass ein zertifizierter Verwalter bestellt wird, aber die Möglichkeit unberührt bleibt, dass mit einem Verwalter, der nicht über ein Zertifikat verfügt, aber das Vertrauen aller Wohnungseigentümer besitzt, weiterhin zusammengearbeitet werde. Zur Begründung der Ausnahme bei Kleinanlagen wurde darauf hingewiesen, dass in solchen Kleinanlagen der Verwaltungsaufwand typischerweise einen geringeren Umfang einnehme und die Verwaltung dann nur durch einen Wohnungseigentümer erfolgen solle, der über einen breiten Rückhalt in der Gemeinschaft verfüge. Das steht in Widerspruch zu der weiteren Annahme der Gesetzesbegründung:

„Der zunehmende Bedarf an einer fachkundigen Verwaltung resultiert ... aus den immer komplexer werdenden gesellschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen, die die Verwaltertätigkeit prägen. ... erforderlich, den Wohnungseigentümern das rechtliche Instrumentarium dafür bereit zu stellen, dass sie nach ihren Bedürfnissen und ihrem Ermessen die Verwaltung einer sach- und fachkundigen Person übertragen können.“

Die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen sind für alle Wohnungseigentumsanlagen weitgehend gleich; die „Betroffenheit“ der Wohnungseigentümer in kleinen Gemeinschaften begründet im Gegenteil nach praktischer Erfahrung häufig genug besondere Schwierigkeiten bei deren Verwaltung.

Durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz v. 16.10.20205 wurden die Regelungen über den zertifizierten Verwalter in das ab dem 1.12.2020 geltende Wohnungseigentumsgesetz aufgenommen. Die Normsetzung fand durch die vom Bundesrat beschlossene Zertifizierter-Verwalter-Prüfungsverordnung (ZertVerwV) ihren vorläufigen Abschluss, dem zuletzt noch – für die Vorbereitung auf die Prüfung wichtig – der rechtlich unverbindliche „Rahmenplan mit Lernzielen für die Prüfung“ unter Federführung von DIHK, BVI, ivd und vdiv zur Vereinheitlichung der von den einzelnen Industrie- und Handelskammern zu schaffenden Prüfungsordnungen nachfolgte. – Zahlreiche Stimmen aus Rechtswissenschaft und Verwaltungspraxis haben sich dem zertifizierten Verwalter bereits angenommen; Rechtsprechung fehlt angesichts der Übergangsregelung noch.

II. Die Übergangsregelung

Während § 26a WEG i.V.m. der ZertVerwV regelt, wer sich zertifizierter Verwalter nennen darf, bestimmt § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG, in welchen Fällen nur die Bestellung eines zertifizierten Verwalters ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht; der zertifizierte Verwalter wird als Regelfall verstanden. Ab wann § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG anzuwenden ist und damit am Markt praktisch nur noch zertifizierte Verwalter bestehen können, regelt die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 4 WEG: Ab dem 1.12.2022 entspricht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG nur noch die Bestellung eines zertifizierten Verwalters ordnungsmäßiger Verwaltung. Wer vor dem 1.12.2022 zum Verwalter bestellt worden ist, gilt bis zum (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.07.2022 10:09
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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