Otto Schmidt Verlag

Schleswig-Holsteinisches OLG v. 22.8.2022 - 16 U 114/21

Lagervertragsrecht: Zur Haftung für die Beschädigung einer Segelyacht im Winterlager

Ein Vertrag, der das Winterlager für eine Segelyacht zum Gegenstand hat, stellt einen Typenkombinationsvertrag dar, wenn neben der Zurverfügungstellung des Lagerplatzes unterschiedliche Leistungen wie das Kranen und der Schiffstransport zur vom Betreiber des Winterlagers ebenfalls zur Verfügung gestellten Lagerpalette zu erbringen sind. Auf den Typenkombinationsvertrag ist Lagervertragsrecht unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls anzuwenden, wenn wie vorliegend das wesentliche Interesse des Schiffseigners die Lagerung des Schiffs in der Wintersaison ist. Die Bezeichnung des Vertrags als "Miet-Vereinbarung" steht der Anwendung von Lagervertragsrecht nicht entgegen.

Der Sachverhalt:
Die Yacht eines Bootseigners fiel im Oktober 2013 bei einem Orkantief im Winterlager vom Lagerbock. Unter anderem bohrte sich eine Stütze des Lagerbocks in den Schiffsrumpf. Es entstand ein Sachschaden von mehr als 100.000 €. Die klagenden Versicherungen des Yacht-Eigentümers beglichen ihm den Schaden und verlangen nun von der beklagten Lagerbetreiberin Erstattung.

Nur wenige Tage vor dem Sturm hatten Mitarbeiter der Beklagten die Yacht mit einem Kran aus dem Wasser gehoben und auf einen Lagerbock gesetzt. Zwischen die Ablageflächen und den Rumpf brachten die Mitarbeiter mit Teppichresten abgedeckte Holzkeile an. Der Kiel lagerte auf einer lose aufliegenden Stahlschwelle. Die Yacht stand auf einer Freifläche. Der Eigentümer deckte sie mit einer Plane ab.

Das LG wies die Klage ab. Das Vertragsverhältnis bzgl. des Stellplatzes und des Lagerbocks sei als Mietvertrag anzusehen. Ein Mangel des Stellplatzes oder des Lagerbocks sei nicht erkennbar. Eine besondere Beschaffenheit hätten die Vertragsparteien nicht vereinbart. Selbst wenn die Betreiberin fahrlässig einen zu kleinen Lagerbock zur Verfügung gestellt haben sollte, sei eine Haftung aufgrund ihrer AGB wirksam für Sachschäden ausgeschlossen. Besondere Verwahrpflichten treffe das Winterlager nicht.

Auf die Berufung der Klägerinnen gab das OLG der Klage statt.

Die Gründe:
Die Betreiberin des Winterlagers haftet für die Schäden nach §§ 475 S. 1 HGB, 86 Abs. 1 Satz 1 VVG aus einem Lagervertrag.

Auf die vertragliche Vereinbarung ist Lagervertragsrecht anwendbar, auch wenn der Vertrag als "Miet-Vereinbarung" bezeichnet worden ist. Anders als bei einem Mietvertrag schuldet der Lagerbetreiber die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Sache. Die Qualifizierung als Lagervertrag ergibt sich insbesondere aus der tatsächlichen Handhabung der Vertragspartner. Es waren, das ergab die Beweisaufnahme, ausschließlich die Mitarbeiter der Beklagten, die eigenverantwortlich die Yacht lagerten. Dem Eigentümer der Yacht wurden keine Hinweise zu einer zusätzlichen Sicherung des Bootes gegeben. Für das Vorliegen eines Lagervertrags spricht auch, dass dem Bootseigentümer kein besonderer Stellplatz zugewiesen wurde. Nach dem Vertrag durfte die Beklagte die Yacht auch später bei Bedarf an einen anderen Platz stellen.

Aus der Beweisaufnahme ergibt sich, dass die Beklagte und ihre Mitarbeiter für die Beschädigungen verantwortlich sind. Ihnen ist vorzuwerfen, dass sie die Yacht auf einen dafür ungeeigneten Lagerbock setzten und keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Sie handelten grob fahrlässig, weil erkennbar war, dass die Yacht kaum seitlich abgestützt war, obwohl man an der Ostseeküste stets mit starkem Seitenwind rechnen muss. Die Abstützung des Gewichts des Schiffes von knapp 9 t auf einer losen Stahlschiene mit diversen Hölzern dazwischen wirkt von vornherein in höchstem Maße unfachmännisch.

Der Schiffseigner ist auch nicht durch das Abdecken mit einer Plane mitverantwortlich für den Schaden. Zwar kann eine solche Plane eine erhöhte Windlast verursachen. Die Beklagte hätte jedoch auf die Risiken der Verpackung mit einer Plane hinweisen müssen. Dies war jedoch vorliegend nicht der Fall.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Abgrenzung zwischen Lagervertrag und Mietvertrag über eine Lagerfläche
OLG Dresden vom 08.03.2021 - 5 U 2247/20
MDR 2021, 735

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.09.2022 10:15
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG PM Nr. 7 vom 25.8.2022

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