Aktuell im MietRB
Die Kontrolle von Sonderkündigungsrechts-AGB in der Geschäftsraummiete (Lehmann-Richter, MietRB 2022, 273)
Insbesondere bei Geschäftsraummietverträgen mit fester Laufzeit kann das Bedürfnis einer oder beider Parteien bestehen, sich vor Fristablauf vom Vertrag zu lösen. Der folgende Beitrag untersucht die AGB-rechtlichen Grenzen solcher Lösungsrechte.
I. Einleitung
II. Meinungsstand
1. Recht zur fristlosen Kündigung
2. Recht zur fristgebundenen Kündigung
a) Grundloses Kündigungsrecht
b) An einen Grund gebundenes Kündigungsrecht
III. Würdigung
1. Einbeziehungs- und Transparenzkontrolle
2. Vorrang Individualabrede
3. Inhaltskontrolle
a) Mietvertrag auf unbestimmte Zeit
b) Mietvertrag auf bestimmte Zeit
aa) Leitbildabweichung
bb) Wirksamkeit trotz Leitbildabweichung?
(1) Grundsätze der Interessenabwägung
(2) Anwendungsbeispiele
4. Vergleich mit Verlängerungsoptionen
IV. Fazit
I. Einleitung
Während in der Wohnraummiete die gesetzlichen Kündigungsregelungen zugunsten des Mieters zwingend sind (insb. §§ 569 Abs. 5, 573 Abs. 4 BGB), besteht in der Geschäftsraummiete Vertragsfreiheit. Die Parteien haben hier also grds. die Möglichkeit, das gesetzliche Regime zu verändern. Dazu gehört es auch, im Gesetz nicht vorgesehene Kündigungsmöglichkeiten zu vereinbaren. Individualvertraglich besteht Gestaltungsfreiheit im Rahmen der allgemeinen Schranken (§ 138, § 242 BGB). Der folgende Beitrag untersucht die AGB-rechtlichen Grenzen solcher Sonderkündigungsrechte.
Untersuchungsgegenstand sind damit Klauseln, die abweichend vom Gesetz ein Kündigungsrecht gewähren. Regelungen, die ein gesetzliches Kündigungsrecht lediglich modifizieren – etwa durch Einführung von Formvorschriften – werden nicht behandelt.
II. Meinungsstand
Bei der Darstellung des Meinungsbildes ist zwischen einem fristlosem und einem fristgebundenen Kündigungsrecht zu unterscheiden.
1. Recht zur fristlosen Kündigung
Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen die Gründe, die nach § 543 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigen, aus Gründen des Bestandsschutzes von Mietverhältnissen in AGB nicht erweitert werden. Verworfen hat der BGH daher eine Kündigungsklausel, die
- den kündigungsrelevanten Rückstand zu Lasten des Mieters modifizierte und zudem den unverschuldeten Zahlungsrückstand ausreichen ließ;
- eine Kündigung bei wesentlicher Verschlechterung oder erhebliche Gefährdung des Vermögens des Mieters ermöglichte.
Aufgeworfen, in den konkreten Fällen aber verneint hat der BGH die Frage, ob die Nachteile der Kündigungsklausel durch Vorteile kompensiert werden können, die darin bestehen, dass die Klausel in anderen Bereichen die Kündigungsvoraussetzungen verschärft.
Die Instanzgerichte haben etwa eine Kündigungsklausel, die eine Abmahnung entbehrlich machte, für unwirksam erklärt. In der Literatur wird teilweise vertreten, dass die Kündigungsgründe nach § 543 BGB in AGB wirksam konkretisiert werden könnten. Diese Meinung findet sich auch in der Instanzrechtsprechung; auch der BGH hat diese These erwähnt.
2. Recht zur fristgebundenen Kündigung
Beim Recht, den auf feste Zeit geschlossenen Vertrag unter Beachtung einer Frist zu kündigen, ist zwischen Kündigungsrechten mit und ohne Grund zu differenzieren.
a) Grundloses Kündigungsrecht
Ist ein Geschäftsraummietvertrag auf bestimmte Zeit geschlossen, so führt dies nach Ansicht des BGH (...)