Otto Schmidt Verlag

BGH v. 24.8.2022 - XII ZB 548/20

Zum Wert des Beschwerdegegenstands im Fall der Klage eines Mieters auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung

Begehrt ein Mieter mit dem Rechtsmittel eine Verurteilung des Vermieters zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung, bemisst sich der Wert des geltend gemachten Beschwerdegegenstands gem. §§ 2, 3 ZPO nach dem Interesse des Mieters an einem sich möglicherweise aus der Abrechnung ergebenden Rückzahlungsanspruch. Macht der Mieter jedoch nur einen vorbereitenden Anspruch auf Rechnungslegung und damit auf Auskunft geltend, ist lediglich ein Bruchteil des Zahlungsanspruchs in Ansatz zu bringen. Insoweit gilt für Mietverhältnisse über Gewerberäume derselbe Maßstab wie bei Wohnräumen.

Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Erteilung von Nebenkostenabrechnungen. Mit Vertrag vom 17.7.2009 mieteten die Kläger vom Beklagten eine Wohnung. Zugleich mietete die Klägerin zu 2) vom Beklagten Büroräume zur Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit. Nach § 3 der Verträge schuldeten die Kläger eine mtl. Nebenkostenvorauszahlung i.H.v. 350 € für die Wohnräume und 250 € für die Büroräume; über die Vorauszahlungen hatte der Beklagte jährlich abzurechnen. Die Mietverhältnisse sind mittlerweile aufgelöst.

Auf die im Februar 2020 zugestellte und auf die Erteilung von Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2015 gerichtete Klage hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 23. März 2020 für beide Mietverhältnisse Abrechnungen vorgelegt, die auf den 29.11.2016 datieren und für das Jahr 2015 den Klägern zustehende Guthabenbeträge i.H.v. rd. 360 € für die Wohnung bzw. rd. 810 € für die Gewerberäume ausweisen. Die Kläger sind der Auffassung, ihr Anspruch auf ordnungsgemäße Abrechnung sei noch nicht erfüllt.

Das AG wies die Klage ab und ließ die Berufung nicht zu. Nach vorherigem Hinweis auf das Nichterreichen der Berufungssumme verwarf das LG die Berufung der Kläger. Die Rechtsbeschwerde der Kläger hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass sich die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels richtet. Die Beschwer der in der ersten Instanz unterlegenen Partei am Erfolg ihres Rechtsmittels hängt dabei maßgebend von ihrem wirtschaftlichen Interesse ab. Bei einem Kläger, dessen Klage in erster Instanz abgewiesen worden ist und der sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt, ist sein wirtschaftliches Interesse am Erfolg seines Rechtsmittels regelmäßig identisch mit dem Wert seiner Klage.

Begehrt ein Mieter mit dem Rechtsmittel eine Verurteilung des Vermieters zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung, bemisst sich der Wert des geltend gemachten Beschwerdegegenstands gem. §§ 2, 3 ZPO nach dem Interesse des Mieters an einem sich möglicherweise aus der Abrechnung ergebenden Rückzahlungsanspruch. Da der Mieter jedoch nur einen vorbereitenden Anspruch auf Rechnungslegung und damit auf Auskunft geltend macht, ist lediglich ein Bruchteil des Zahlungsanspruchs in Ansatz zu bringen. Insoweit gilt für Mietverhältnisse über Gewerberäume derselbe Maßstab wie bei Wohnräumen. Das vom LG bei der Bemessung des Werts der Beschwer gem. § 3 ZPO ausgeübte tatrichterliche Ermessen kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Derartige Ermessensfehler liegen hier nicht vor.

Das LG hat bei der Wertbemessung rechtlich beanstandungsfrei nicht auf die gesamten Vorauszahlungen, sondern auf die Summe der Guthabenbeträge abgestellt, die aus den für das Jahr 2015 vorgelegten Abrechnungen hervorgehen. Zwar ist die Frage, ob der Beklagte hiermit ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnungen erteilt hat und damit Erfüllung eingetreten ist, zwischen den Parteien streitig und Gegenstand der hier nicht maßgeblichen Begründetheit der Klage. Auch ist die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der erteilten Abrechnungen im vorliegenden Zusammenhang nicht vorwegzunehmen. Indes haben die Kläger auf den Hinweis des LG vom 14.10.2020, es bestehe Gelegenheit, im Hinblick auf den Beschwerdewert ergänzend vorzutragen und insbesondere Angaben zu den in den Vorjahren angefallenen Betriebskosten zu machen, mit Schriftsatz vom 19.10.2020 erwidert, dass solche Erfahrungswerte nicht bestünden und stattdessen die in den vorgelegten Abrechnungen genannten Guthabenbeträge zugrunde gelegt werden könnten. Danach ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass sich das LG auf diese Beträge gestützt hat.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.09.2022 12:57
Quelle: BGH online

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