Otto Schmidt Verlag

KG Berlin v. 29.9.2022 - 12 W 26/22

Zum Streitwert einer Auskunftsklage nach § 556g Abs. 3 BGB

Der Gesetzgeber hat mit der Begründung für das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 deutlich gemacht, dass er das durch die BGH-Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts einer Klage auf Feststellung einer Mietminderung nach § 9 ZPO entstandene Ergebnis als systemwidrig ansieht und dies mit der Klarstellung im Gesetz korrigieren will. Es ist davon auszugehen, dass er damit eine Klage auf Feststellung über die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Höhe der Miete entweder als von der Klarstellung mitumfasst angesehen hat, oder ihn ebenfalls mitgeregelt hätte, wenn er diesen Fall als regelungsbedürftig bedacht hätte.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte vor dem AG aus abgetretenem Recht auf Auskunft nach § 556g Abs. 3 BGB über für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete maßgebliche Tatsachen, Rückzahlung von 65,80 € als den die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete übersteigenden Betrag sowie die Erstattung von 553,11 € außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten für die vorprozessuale Rüge und Forderung auf Herabsetzung der vereinbarten Miethöhe, Rückforderung danach überzahlter Miete und Kaution sowie Auskunft nach § 556g Abs. 3 BGB geklagt. Der Rechtsstreit endete durch einen Vergleich, in dem sich die Parteien u.a. auf eine rückwirkende Herabsetzung der vereinbarten Nettokaltmiete geeinigt haben.

Das AG hat daraufhin mit Beschluss vom 21.3.2022 den Streitwert auf 289,52 € festgesetzt, wobei es den Auskunftsanspruch auf 20% des Jahresbetrages der streitigen Miethöhe bemessen hat. Den Mehrwert des Vergleichs hat es auf 526,40 € festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das LG den Beschluss abgeändert und den Streitwert auf 806,95 € sowie den Mehrwert des Vergleichs auf 789,60 € festgesetzt.

Dabei hat das LG den Auskunftsanspruch mit pauschal 300 € bewertet und zur Begründung ausgeführt, dass das schützenswerte Interesse des Mieters an der Auskunft neben der gleichzeitig beanspruchten Mietrückzahlung auf ein minimales Kostenrisiko eines künftigen weiteren Rechtsstreits um die Herabsetzung der Miete begrenzt sei. Ferner seien die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten insoweit streitwerterhöhend zu berücksichtigen, als sie Ansprüche betreffen, die über die mit der Klage weiterverfolgten Ansprüche hinausgehen. Den streitwerterhöhenden Betrag hat es nach der Differenz zwischen den geltend gemachten Kosten und den von dem Landgericht anhand des festgesetzten Streitwerts berechneten Gebühren bestimmt. Den Wert des Mehrvergleichs hat das LG im Hinblick auf die Einigung über die Miethöhe analog § 41 Abs. 5 GKG n.F. auf den Jahresbetrag des streitgegenständlichen Mietanteils festgesetzt.

Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin blieb vor dem KG erfolglos.

Die Gründe:
Das LG hat den Streitwert im Ergebnis nicht zu niedrig festgesetzt.

Der Wert der Feststellung einer nach § 556d Abs. 1 BGB die zulässige Höhe übersteigenden Miete bestimmt sich nach § 41 Abs. 5 GKG n. F. analog i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Jahreswert der streitigen Miete, wenn die Sache - wie hier - nach dem 1.1.2021 anhängig gemacht wurde. Der Gesetzgeber hat mit der Begründung für das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 deutlich gemacht, dass er das durch die BGH-Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts einer Klage auf Feststellung einer Mietminderung nach § 9 ZPO entstandene Ergebnis als systemwidrig ansieht und dies mit der Klarstellung im Gesetz korrigieren will. Es ist davon auszugehen, dass er damit eine Klage auf Feststellung über die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Höhe der Miete entweder als von der Klarstellung mitumfasst angesehen hat, oder ihn ebenfalls mitgeregelt hätte, wenn er diesen Fall als regelungsbedürftig bedacht hätte, mangels bis dahin aufgetretener abweichender obergerichtlicher Entscheidungen hierzu aber nicht bedacht hat.

Der Streitwert des Antrags auf Auskunft nach § 556g Abs. 3 BGB über die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete maßgeblichen Tatsachen ist ebenfalls auf dieser Grundlage zu bestimmen. Der Anspruch auf Auskunft bezieht seinen wirtschaftlichen Wert typischerweise daraus, dass mit ihm die Durchsetzung eines Hauptanspruchs vorbereitet werden soll. Der wirtschaftliche Zweck des Auskunftsverlangens besteht im Allgemeinen darin, eine der Grundlagen zu schaffen, die für den Anspruch auf die Hauptleistung erforderlich sind. Diese enge Verknüpfung zwischen Auskunfts- und Hauptanspruch lässt es angebracht erscheinen, den Wert des Auskunftsanspruchs mit einem Bruchteil des Hauptanspruchs festzusetzen.

Da die Auskunft die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erst vorbereiten und erleichtern soll, beträgt der Wert des Auskunftsanspruchs in der Regel einen Bruchteil, nämlich 1/10 bis 1/4 des Leistungsanspruchs und ist umso höher anzusetzen, je geringer die Kenntnisse des Anspruchsstellers von den zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind. Der Senat sieht keinen Anlass, von diesen Grundsätzen in dem vorliegenden Fall abzuweichen.

Zu Recht hat das LG letztlich auch festgestellt, dass die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nur insoweit streitwertneutrale Nebenforderungen sind, wie die Ansprüche mit der Klage weiter verfolgt werden. Der Wert des streitwerterhöhenden Anteils ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei der von den gesamten nach der Klagedarstellung vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten diejenigen (fiktiven) Kosten abzuziehen sind, die entstanden wären, wenn der Rechtsanwalt auch vorprozessual den Anspruch nur in der Höhe geltend gemacht hätte, wie er Gegenstand der Klage geworden ist.

Unzutreffend war das LG aber davon ausgegangen, dass sich der auf die Auskunftsforderung entfallende Anteil insoweit nach dem durch das Gericht festgesetzten Gebührenwert von bis zu 500 € richtet. Denn die vorgerichtlichen Gebühren für einen mit der Klage weiter verfolgten Anspruch sind Nebenforderungen und werden nicht dadurch zu einer Hauptforderung, dass sie vom Anspruchsteller anhand eines unzutreffenden Gegenstandswertes berechnet wurden, auch nicht in dem überschießenden Umfang. Denn maßgeblich ist allein, auf welchen Anspruch(-steil) sich die Kosten beziehen, nicht, ob sie richtig berechnet wurden. Nebenforderung sind die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten daher in der auf den von der Klägerin zugrunde gelegten Streitwertanteil entfallenden Höhe, mithin bis 1.000 €. Das sind bei der hier von der Klägerin angesetzten 1,6 – Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer (88,00 € x 1,6 + 20,00 €) x 1,19 = 191,35 €. Dieser Betrag ist von den insgesamt geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abzuziehen. Damit erhöht sich der Streitwert für Auskunft und Zahlung (111,86 € + 65,80 € = 177,66 €) um 553,11 € - 191,35 € = 361,76 € auf 539,42 €; ein Gebührensprung ist damit gegenüber der Entscheidung des LG insgesamt nicht verbunden.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 17.10.2022 12:16
Quelle: Berliner Vorschriften- und Rechtsprechungsdatenbank

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