Otto Schmidt Verlag

Aktuell im MietRB

Neue Einsicht bei der Belegeinsicht? (Sommer, MietRB 2022, 305)

Die Einsicht von Verwaltungsunterlagen stellt einen zentralen Teil der Informationsrechte der Wohnungseigentümer dar. Durch das Einsichtsrecht werden die Rechte der Wohnungseigentümer gestärkt und erweitert. Im Zuge des WEMoG stellt sich dabei vor allem die Frage, ob wie bisher mangels anderweitiger Regelung der Ort der Belegeinsicht am Sitz der Geschäftsräume des Verwalters liegt, oder aufgrund der neuen gesetzgeberischen Rollen- und Aufgabenverteilung eine neue Betrachtung angezeigt ist.


1. Die gesetzliche Ausgangslage

2. Abweichende Vereinbarung

3. Gläubiger und Schuldner

4. Anspruchsvoraussetzung und Grenzen

5. Inhalt und Umfang des Einsichtsrechts

6. Ort der Einsichtnahme

7. Durchsetzung und Schadensersatz

8. Fazit

 

1. Die gesetzliche Ausgangslage

Der im Zuge des WEMoG eingeführte § 18 Abs. 4 WEG gibt dem einzelnen Wohnungseigentümer einen Individualanspruch auf Information. Jeder Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (nachfolgend „GdWE“) Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen. Durch das Einsichtsrecht als zentraler Teil der Informationsrechte sollen die Rechte der Wohnungseigentümer gestärkt und erweitert werden. Zur Verdeutlichung dieser zentralen Rolle hat der Gesetzgeber § 18 Abs. 4 WEG neu in das Gesetz aufgenommen. Damit wurde auch folgerichtig das bislang unter § 24 Abs. 6 S. 3 WEG a.F. normierte Recht auf Einsichtnahme in die Niederschriften der GdWE gestrichen. Das neue Rollenverständnis im WEG verdeutlicht die Bedeutung dieses Informationsanspruchs. Durch den Übergang der Verwaltungskompetenz auf die GdWE und die weitreichende Vertretungsmacht des Verwalters im Außenverhältnis bedarf es einer gewissen Kompensation der Rechte des Wohnungseigentümers, welche in § 18 Abs. 4 WEG losgelöst jedes Vorrangs der Befassung anderer Wohnungseigentümer als Individualanspruch ausgestaltet wurde. Damit spannt das WEG ein weiteres Sicherheitsnetz aus, um sicherzustellen, dass der – mehrheitlich bestellte – Verwalter korrekt arbeitet, der, soweit existent, mehrheitlich gewählte Verwaltungsbeirat seiner Überprüfungs- und Kontrollpflicht nachkommt, in jedem Fall aber der einzelne Wohnungseigentümer auch ein originäres Recht auf Information und Kontrolle hat.

2. Abweichende Vereinbarung

Durch Vereinbarung, regelmäßig in der Gemeinschaftsordnung, kann eine von § 18 Abs. 4 WEG abweichende Regelung über die inhaltliche Ausgestaltung und damit über das „Wie“ der Einsichtnahme getroffen werden. Ein gänzlicher Ausschluss, also über das „Ob“ der Einsichtnahme, stellt jedoch einen Eingriff in den Kernbereich elementarer Rechte des einzelnen WohnungseigentümersMietRB 2022, 306dar und ist nichtig. Der Individualanspruch nach § 18 Abs. 4 WEG bildet daher ein unverzichtbares Recht.

Denkbar sind jedoch Regelungen durch Vereinbarung über die Festlegung des Ortes und der Zeit der Ausübung der Einsichtnahme, wie z.B. auf bestimmte Prüftermine.

Abweichungen durch mehrheitlichen Beschluss sind mangels Beschlusskompetenz nichtig, da (...)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.10.2022 12:50
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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