Otto Schmidt Verlag

Aktuell im MietRB

Die neue Auskunftspflicht gem. Art. 238 § 2 EGBGB im Rahmen der Mietspiegelerstellung (Börstinghaus, MietRB 2022, 332)

Es gibt Mietspiegel ganz unterschiedlicher Qualität. Da Mietspiegel helfen sollen, den unbestimmten Rechtsbegriff der ortsüblichen Vergleichsmiete möglichst genau wiederzugeben, sind naturgemäß die Mietspiegel die besten, die auf möglichst guten Daten beruhen. Da eine Vollerhebung aller Daten – wie zurzeit beim ZENSUS 2022 – viel zu aufwendig und vor allem viel zu teuer ist, beruhen selbst qualifizierte Mietspiegel sämtlichst auf einer Stichprobe. Eine solche Stichprobe lässt den Schluss auf die Gesamtheit dann umso genauer zu, umso repräsentativer die Daten sind. Das beginnt bei der Ermittlung der Grundgesamtheit und endet bei der Stichprobenausschöpfung. Diese hängt vor allem vom Antwortverhalten der Befragten ab. Gerade bei Mieterbefragungen sank diese Quote in den letzten Jahren dramatisch. Um dem entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber mit dem Mietspiegelreformgesetz erstmals eine bußgeldbewährte Auskunftspflicht für Vermieter und Mieter eingeführt. Der nachfolgende Beitrag stellt die für die Praxis bedeutsamen Regelungen dar.


I. Einführung

II. Gilt nur für qualifizierte Mietspiegel

III. Der Auskunftsberechtigte

IV. Der Auskunftspflichtige

V. Der Umfang der Auskunft nach Art. 238 § 2 Abs. 2 EGBGB

VI. Die Form der Auskunft

VII. Bußgeldvorschrift


I. Einführung

Der Gesetzgeber wollte aus unterschiedlichen Gründen, Mietspiegel stärken. Dazu wurde durch das Mietspiegelreformgesetz nicht nur für Gemeinden über 50.000 Einwohner eine Mietspiegelerstellungspflicht eingeführt und zwei neue Vermutungsregelungen im Prozess geschaffen, sondern auch eine Auskunftspflicht für Vermieter und Mieter hinsichtlich der für die Erstellung eines Mietspiegels notwendigen Daten ins EGBGB neu aufgenommen. Die mit der Erstellung von Mietspiegeln befassten Praktiker beklagten schon länger, dass die Rücklaufquote von Fragebögen immer weiter sank. Lange Zeit galt eine Quote von über 70 % bei mündlichen Interviews als Muss, zu Beginn des letzten Jahrzehnts war man aber schon mit einem Wert von 40–50 % zufrieden, bei schriftlichen Befragungen sogar nur mit 20–30 %. Selbst diese niedrigen Quoten wurden schon lange nicht mehr erreicht. Teilweise lagen insbesondere bei schriftlichen Befragungen die Rücklaufquoten im niedrigen einstelligen Bereich. Ursache hierfür ist, dass den Mietern durchaus bewusst ist, dass die Mietspiegelerstellung vor allem den Vermietern ermöglichen soll, mit wenig Aufwand die Miete zu erhöhen. Das motiviert Mieter nicht unbedingt zur Mitwirkung. Folge dieses Antwortverhaltens war, dass deshalb von vornherein eine verhältnismäßig große Stichprobe gezogen werden musste, um einen für den Mietspiegel ausreichenden Rücklauf aus der Befragung zu erhalten. Hinzu kommt das statistische Problem, wonach durch das selektive Antwortverhalten die Repräsentativität der Stichprobe und damit die Qualität der Mietspiegelwerte insgesamt gefährdet wurde. Die Mietspiegelerstellung wurde hierdurch verteuert.

Die Praxis verlangte deshalb nach rechtlichen Rahmenbedingungen, die dieser Entwicklung entgegenwirken. Hierzu zählte u.a. ein zentrales Mietregister. Mieter sollten verpflichtet werden, bei der Wohnungsanmeldung die Miethöhe anzugeben. Alternativ wurden auch gesetzliche Auskunftspflichten vorgeschlagen. Der Gesetzgeber hat den letzten Vorschlag aufgegriffen. In Art. 238 EGBG wurden Vorschriften aufgenommen, die sowohl staatliche Stellen (Einwohnermeldeämter, Grundsteuerkassen etc.) berechtigen, Auskünfte gegenüber dem Mietspiegelersteller zu erteilen, als auch Mieter und Vermieter verpflichten, im Rahmen der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels und seiner Anpassung mittels Stichprobe Auskünfte zu erteilen. Ziel ist eine Verbesserung der Qualität und der Aussagekraft von Mietspiegeln und eine Erhöhung der Akzeptanz von Mietspiegeln. Ziel der Neuregelung ist darüber hinaus eine Gefährdung der Repräsentativität der Stichprobe durch selektives Antwortverhalten zu verhindern, was nachträglich kaum korrigiert werden kann.

II. Gilt nur für qualifizierte Mietspiegel

Die Auskunftspflicht besteht nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur, wenn die nach Landesrecht zuständige Behörde einen qualifizierten Mietspiegel erstellen will. Soll in der Gemeinde nur ein einfacher Mietspiegel erstellt werden, besteht gerade keine Auskunftspflicht nach Art. 238 § 2 EGBGB. In diesem Fall ist die Auskunftserteilung freiwillig. Eine analoge Anwendung (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.11.2022 15:40
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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