Otto Schmidt Verlag

BGH v. 23.11.2022 - VIII ZR 59/21

Formelle Anforderungen an Mieterhöhungserklärungen nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen

Bei der Beurteilung der formellen Anforderungen an eine Mieterhöhungserklärung ist zu beachten, dass das Formerfordernis nach § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB kein Selbstzweck ist. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob für den Mieter mit der geforderten Information - ebenso wie im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nach §§ 558 ff. BGB oder auch einer Betriebskostenabrechnung nach § 556 Abs. 3 BGB - ein maßgeblicher Erkenntniswert verbunden ist.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Mieterin einer preisfreien Wohnung der Beklagten in Berlin. Im Anschluss an eine am 21.2.2017 angekündigte Modernisierung der Wohnung der Klägerin und des Gebäudes, in dem sich die Wohnung befindet, teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 28.5.2018 mit, dass sich die monatlich zu zahlende Grundmiete infolge der Modernisierungsmaßnahmen zum 1.8.2018 von zuletzt 294,88 € auf 377,10 € erhöhe. Dem Schreiben war eine als "Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung" bezeichnete Anlage beigefügt.

Die Klägerin hielt die Mieterhöhungserklärung aus formellen Gründen für unwirksam und bezahlte den verlangten Erhöhungsbetrag in der Folge nicht. Die Beklagte habe u.a. die für die verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen jeweils entstandenen Gesamtkosten nicht in einzelne Positionen untergliedert.

Die Klägerin hat gerichtlich die Feststellung begehrt, dass der Beklagten aus der Mieterhöhungserklärung ein Anspruch auf die Zahlung einer um 82,22 € erhöhten Miete ab August 2018 nicht zustehe. Das AG hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das LG zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Urteil des LG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:
Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der formellen Voraussetzungen der Mieterhöhungserklärung nach § 559b Abs. 1 BGB rechtsfehlerhaft als nicht gegeben erachtet.  Nach § 559 Abs. 1 BGB in der hier gem. Art. 229 § 49 EGBGB anzuwendenden bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung (aF) kann der Vermieter nach der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen i.S.v. § 555b BGB die jährliche Miete um elf Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen; dabei gehören Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären, nicht zu den aufgewendeten Kosten (§ 559 Abs. 2 BGB). Gem. § 559b Abs. 1 BGB ist die Mieterhöhung dem Mieter in Textform zu erklären, wobei die Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten zu berechnen und entsprechend den Voraussetzungen der § 559 BGB aF, § 559a BGB zu erläutern ist.

Der Vermieter hat daher in der Erhöhungserklärung darzulegen, inwiefern die durchgeführten baulichen Maßnahmen den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder eine nachhaltige Einsparung von Energie und Wasser bewirken. Da die Mieterhöhung automatisch nach kurzer Zeit wirksam wird (vgl. § 559b Abs. 2 Satz 1 BGB), soll die Erläuterungspflicht unzumutbare Nachteile für den in der Regel juristisch und wohnungswirtschaftlich nicht vorgebildeten Mieter dadurch verhindern, dass dieser die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung - je nach den Einzelfallumständen unter Zuziehung von sachkundigen Personen - überprüfen kann. Dabei sind in formeller Hinsicht allerdings keine überhöhten Anforderungen an die Mieterhöhungserklärung zu stellen. Vielmehr genügt es, wenn der Mieter den Grund und den Umfang der Mieterhöhung anhand der Erläuterung als plausibel nachvollziehen kann.

Erfüllt eine bauliche Veränderung die Kriterien sowohl einer von der Regelung des § 559 BGB erfassten Modernisierungsmaßnahme (§ 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB) als auch einer Erhaltungsmaßnahme im Sinne von § 555a Abs. 1 BGB (sog. modernisierende Instandsetzung), hat der Vermieter bei der Ermittlung der umlagefähigen Kosten nach Maßgabe des § 559 Abs. 2 BGB eine entsprechende Kürzung vorzunehmen. Aus der Mieterhöhungserklärung muss deshalb hervorgehen, in welchem Umfang durch die durchgeführten Arbeiten Instandsetzungskosten erspart wurden. Da aber auch insoweit keine überhöhten Anforderungen an das Begründungserfordernis zu stellen sind, bedarf es hierfür keiner umfassenden Vergleichsrechnung zu den hypothetischen Kosten einer bloßen Instandsetzung. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Vermieter den ersparten Instandsetzungsaufwand (zumindest) durch die Angabe einer Quote von den aufgewendeten Gesamtkosten nachvollziehbar darlegt.

Diesen Anforderungen wurde die hier zu beurteilende Mieterhöhungserklärung gerecht. Weder fehlte es an einer ausreichenden Darlegung, inwiefern die durchgeführten baulichen Veränderungen eine nach § 559 Abs. 1 BGB aF berücksichtigungsfähige Modernisierungsmaßnahme darstellen, noch mangelte es an den weiteren aufgezeigten formellen Voraussetzungen. Insbesondere war die Erhöhungserklärung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht etwa deshalb in formeller Hinsicht unwirksam, weil die Beklagte die für die verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen jeweils entstandenen Gesamtkosten nicht in einzelne Positionen untergliedert hatte.

Unter Berücksichtigung der in dem Ankündigungsschreiben enthaltenen Angaben genügte die Erhöhungserklärung den Anforderungen an die - hinsichtlich der Darlegung des Vorliegens von Modernisierungsmaßnahmen i.S.v. § 559 Abs. 1 BGB aF bestehende - Erläuterungspflicht des Vermieters. Daraus ging zunächst eindeutig hervor, dass die nachfolgend für die Mieterhöhung berücksichtigten Maßnahmen ("Einbau einer Gas-Brennwert-Zentralheizung und neuer Heizkörper" sowie "Wärmedämmung auf dem Dachboden/Dämmung oberste Geschossdecke") der Energieeinsparung i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB dienen sollten.

Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Vermieter bei Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie neben einer schlagwortartigen Bezeichnung der Maßnahme und einer Zuordnung zu den Positionen der Berechnung diejenigen Tatsachen darzulegen, anhand derer überschlägig beurteilt werden kann, ob die bauliche Maßnahme eine nachhaltige Einsparung von Energie bewirkt. Für die plausible Darstellung eines Energieeinspareffekts ist eine gegenständliche Beschreibung der betreffenden Maßnahme oder die Angabe der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten (k-Wert bzw. u-Wert) der renovierten Bauteile ausreichend.

Abgesehen davon, dass eine Aufteilung nach sachlich zusammenhängenden Kosten bei der Mieterhöhungserklärung bereits durch die - bei der Durchführung mehrerer Modernisierungsmaßnahmen notwendige - Aufteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Maßnahmen erfolgt, verlor die Revisionserwiderung bei ihrer Argumentation aus dem Blick, dass das Formerfordernis nach § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB kein Selbstzweck ist. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob für den Mieter mit der geforderten Information - ebenso wie im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nach §§ 558 ff. BGB oder auch einer Betriebskostenabrechnung nach § 556 Abs. 3 BGB - ein maßgeblicher Erkenntniswert verbunden ist.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung
Norbert Monschau
Schonfristzahlung: Wirksam nur bei Tilgung aller offenen Mietforderungen
LG Berlin vom 02.06.2022 - 64 S 209/21
MietRB 2022, 281

Aufsatz
Hans Reinold Horst
Mietspiegel-Reform
MDR 2022, 863

Beratermodul Mietrecht und WEG-Recht:
Die perfekte Basisausstattung zum Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht finden Praktiker im Beratermodul Mietrecht und WEG-Recht. Jetzt neu: Mit den Inhalten der Neuauflage Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020. 4 Wochen gratis nutzen!



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.01.2023 11:18
Quelle: BGH online

zurück zur vorherigen Seite