Otto Schmidt Verlag

BGH v. 22.11.2022 - VIII ZB 28/21

Anforderungen an einen die Berufung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwerfenden Beschluss

Ein die Berufung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwerfender Beschluss muss jedenfalls die die Verwerfung tragenden Feststellungen enthalten, weil anderenfalls dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung der Entscheidung nicht möglich ist.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte die Beklagte auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung in Anspruch. Das AG hat die Klage abgewiesen und bestimmt, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird. Das LG hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen.

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers hat der BGH den Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:
Der angefochtene Beschluss war wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangels aufzuheben, weil er keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen enthielt und das Rechtsbeschwerdegericht deshalb zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage war.

Nach ständiger BGH-Rechtsprechung müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. In einem die Berufung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwerfenden Beschluss ist zwar die Wiedergabe des Sachverhalts und der Anträge nicht ausnahmslos erforderlich. Der Beschluss kann sich etwa bei Verwerfung der Berufung wegen nicht gewahrter Berufungsfrist (§ 517 ZPO) oder Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 2 ZPO) auf die entscheidungserheblichen Umstände beschränken. Die Entscheidung des Berufungsgerichts muss aber auch in diesen Fällen jedenfalls die die Verwerfung tragenden Feststellungen enthalten, weil anderenfalls dem Rechtsbeschwerdegericht die Überprüfung der Entscheidung nicht möglich ist.

Diesen Anforderungen genügte der angefochtene Beschluss nicht. Das LG hat in den Gründen lediglich ausgeführt, dass die Berufungsbegründung nicht innerhalb der Frist des § 520 ZPO eingegangen und deshalb die Berufung gem. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen sei. Die prozessualen Vorgänge, aufgrund derer es zu dieser Würdigung gelangt ist, hat es hingegen nicht wiedergegeben. Sie ließen sich auch nicht im Wege einer Bezugnahme auf Aktenteile entnehmen. In den Gründen wurde allein auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen, dem sich der für die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses maßgebliche prozessuale Sachverhalt jedoch nicht entnehmen ließ. Ob das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, dass die Voraussetzungen für eine Verwerfung der Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorliegen, hat das Rechtsbeschwerdegericht auch nicht von Amts wegen anhand der Akte zu prüfen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.01.2023 15:09
Quelle: BGH online

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