Aktuell im MietRB
Lärm und andere Belastungen des Mietverhältnisses „von außen“ – Teil II (Siegmund, MietRB 2023, 305)
Es gibt Belastungen der Wohnsituation, die „von außen“ auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Mieter und dem Vermieter einwirken, in diesem aber nicht ihre unmittelbare Ursache haben, sondern im weitesten Sinne von Dritten ausgehen. Der erste Teil des Beitrags (MietRB 2023, 238) ist rechtlichen und tatsächlichen Problemen im Zusammenhang mit verhaltensbedingten Störungen durch Mitbewohner eines Mehrfamilienhauses „von außen“ nachgegangen. Der zweite Teil befasst sich mit Belastungen, die auf (veränderte) bauliche Gegebenheiten oder aus (zeitlich begrenzten) Einwirkungen aus der Nachbarschaft zurückzuführen sind.
I. Baulich bedingte Störungen
1. Typische Fallkonstellationen
2. Mietminderung bei baulich bedingten Lärmstörungen
a) Mangel der Mietsache
b) Prozessuale Fragestellungen
II. Lärm aus der Nachbarschaft
1. Typische Fallkonstellationen
2. Mietminderung bei Lärm aus dem Wohnumfeld
a) Der (Vortrag des) Mangel(s)
b) Die Wesentlichkeitsschwelle des § 906 BGB
c) Fehlende Abwehr- und Entschädigungsansprüche des Vermieters?
3. Prozessuale Fragestellungen
a) Anträge
b) Streitverkündung?
I. Baulich bedingte Störungen
1. Typische Fallkonstellationen
Baulich bedingte Lärmstörungen beschäftigen die Rechtsprechung vorrangig im Rahmen von Klagen auf Zahlung weiterer Miete nach Mietminderungen des Mieters bzw. Klagen auf Feststellung einer Mietminderung, sekundär im Zusammenhang mit Klagen auf Instandsetzung.
a) Die beklagte Mieterin bewohnt die Eigentumswohnung der Vermieterin in einem ca. 1970 errichteten Gebäude. Die Eigentümer der darüber gelegenen Wohnung ersetzen den vorhandenen PVC-Belag durch Bodenfliesen. Die Mieterin mindert wegen behaupteter Schallbrücken die Miete.
b) In einem etwas anders gelagerten Fall errichte die Vermieterin im bislang als Abstellfläche genutzten Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses, Baujahr 1918, eine Wohnung. Seit dem Bezug der neuerrichteten Dachgeschosswohnung fühlen sich die Mieter durch den von dort ausgehenden Trittschall gestört. Ein von ihnen in Auftrag gegebenes Privatgutachten ergab einen Normtrittschallpegel von L' = 58,5, der die Grenzwerte der DIN 4109 (Normtrittschallpegel L' ≤ 53 dB bzw. ≤ 46 dB für erhöhten Schallschutz) überschreitet. Ein weiterer Sachverständiger ermittelte in seinem Prüfbericht einen Wert von 57 dB. Die Mieter mindern die Miete um 20 %.
Mit ihrer Klage begehren sie von der Vermieterin die Herstellung eines erhöhten Trittschallschutzes von 46 dB, hilfsweise einen Trittschallschutz von 53 dB sowie die Rückzahlung – aus ihrer Sicht wegen des mangelhaften Trittschallschutzes – überzahlter Miete. Widerklagend fordert die Vermieterin Zahlung der Differenz zwischen der vereinbarten und der geminderten Miete.
c) Die Mieter einer Erdgeschosswohnung in einem 2001/2002 errichteten Mehrfamilienhaus mindern die Miete (u.a.) wegen (behaupteter) Mängel der (Tritt-) Schalldämmung ihrer Wohnung zur darüber liegenden Wohnung. Die Anforderungen der (maßgeblichen) DIN 4109 (1989) werden eingehalten. Der Grenzwert nach der DIN 4109 (1989) beträgt 53 db; im Beiblatt 2 zur DIN 4109 wird ein Wert von 46 db vorgeschlagen, in der Wohnung gemessen wurden 50 db. Die Vermieter verlangen den Ausgleich der – aus ihrer Sicht – infolge der unberechtigten Mietminderung bestehenden Mietrückstände.
2. Mietminderung bei baulich bedingten Lärmstörungen
a) Mangel der Mietsache
Die vereinbarte Miete ist nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Ein Mangel im Sinne der Vorschrift ist gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht.
Maßgeblich sind danach – auch in Fällen wie den oben dargestellten – primär die Vereinbarungen der Parteien, nicht die Frage, ob bestimmte technische Normen eingehalten werden. Eine – auch schlüssig mögliche – Parteivereinbarung zum geschuldeten Baustandard fehlt bei (Wohnraum-)Mietverträgen aber in der Regel. Anders als bei Bauverträgen sind – insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Mietvertrages über Wohnraum – Abreden bzw. Aussagen zur Bauausführung bzw. baulichen Qualität der Mietsache unüblich.
Fehlen Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache, so können technische Normen zum Tragen kommen.
Beraterhinweis Der Vermieter schuldet in jedem Fall (...)
