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Aktuell im MietRB

Die Beschlussfassung im Umlaufverfahren nach § 23 Abs. 3 WEG (Tank, MietRB 2023, 216)

Die Beschlussfassung im Umlaufverfahren nach § 23 Abs. 3 WEG erlangt aufgrund der Neufassung des § 23 Abs. 3 WEG durch die WEG-Reform 2020 in der Praxis zunehmend Bedeutung. War nach altem Recht die Hürde einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren aufgrund der geforderten Allstimmigkeit sehr hoch und damit die praktische Bedeutung eher gering, ist nach aktuellem Recht nunmehr in bestimmten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen ein Beschluss im Umlaufverfahren auch mit einfacher Mehrheit möglich. Der Beitrag befasst sich sowohl mit dem allstimmigen Umlaufbeschluss gem. § 23 Abs. 3 S. 1 WEG als auch mit dem mit Umlaufbeschluss nach § 23 Abs. 3 S. 2 WEG, der mit nur einfacher Mehrheit gefasst werden kann.


I. Die Willensbildung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft

II. Allstimmiger Umlaufbeschluss gem. § 23 Abs. 3 S. 1 WEG

1. Allstimmigkeit

2. Beschlussinitiator

3. Textform

4. Zustandekommen

III. Umlaufbeschluss mit einfacher Mehrheit gem. § 23 Abs. 3 S. 2 WEG

1. Rechtsnatur des Absenkungsbeschlusses

2. Inhalt des Absenkungsbeschlusses

a) Einzelner Gegenstand

b) Regelung zur Mehrheit

3. Nachfolgender Umlaufbeschluss

IV. Fazit


I. Die Willensbildung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Willensbildung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt grundsätzlich durch Beschlüsse. Weniger häufig, weil dem Einstimmigkeitsprinzip unterliegend, aber ebenso möglich ist die Willensbildung durch eine von allen Eigentümern getroffene Vereinbarung. Solche Vereinbarungen stellen materiell-rechtlich formfreie mehrseitige Verträge dar, die nicht den §§ 305 ff. BGB, jedoch der Inhaltskontrolle nach § 242 BGB unterliegen. Vereinbarungen wirken gegen Rechtsnachfolger nur bei Eintragung im Grundbuch, § 10 Abs. 3 S. 1 WEG, und können grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung geändert werden. Sie können zu jedem Gegenstand getroffen werden, der das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander betrifft und regeln die Grundlagen der Gemeinschaft.

Beschlüsse hingegen sind mehrseitige Rechtsgeschäfte eigener Art in Gestalt eines sog. Gesamtaktes, der eine oder mehrere Willenserklärungen bündelt und die kollektive und rechtsverbindliche Entscheidung der Gemeinschaft über einen Antrag zum Ausdruck bringt. Sie regeln die Angelegenheiten der laufenden Verwaltung und können nur zu bestimmten Gegenständen gefasst werden. Sie bedürfen einer Beschlusskompetenz. § 23 Abs. 1 S. 1 WEG regelt dazu, dass nur „Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können.“ Gemäß § 10 Abs. 3 S. 2 WEG wirken Beschlüsse ohne weiteres gegen jeden Wohnungseigentümer, insbesondere auch gegen Rechtsnachfolger. Sie können jederzeit durch Beschluss geändert werden.

Beschlüsse werden durch die Abgabe der Stimmen der Wohnungseigentümer gefasst. Bei mehrheitlicher Zustimmung ist der Beschluss angenommen worden (positiver Beschluss), stimmt die Mehrheit gegen den Beschluss ist er abgelehnt (negativer Beschluss). Seit der WEG-Reform 2020 reicht grundsätzlich die einfache Mehrheit aus, das Gesetz sieht keine besonderen Mehrheiten mehr vor. Eine Ausnahme bildet § 23 Abs. 3 S. 1 WEG für Beschlüsse, die außerhalb einer Eigentümerversammlung im sog. Umlaufverfahren gefasst werden und für die kein Beschluss nach § 23 Abs. 3 S. 2 WEG gefasst wurde. Hier ist Allstimmigkeit gefordert.

Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter haben konstitutive Wirkung, was aus § 24 Abs. 6 S. 1 WEG folgt. Danach hat der Versammlungsleiter dafür zu sorgen, dass neben dem Abstimmungsergebnis auch das hieraus hergeleitete Beschlussergebnis zutreffend in die Niederschrift aufgenommen wird, und dies gem. § 24 Abs. 6 S. 2 WEG durch seine Unterschrift zu bestätigen. Das setzt die Feststellung voraus, dass eine gemeinschaftsinterne Willensbildung stattgefunden und zu einem bestimmten Ergebnis geführt hat.

II. Allstimmiger Umlaufbeschluss gem. § 23 Abs. 3 S. 1 WEG

1. Allstimmigkeit


Beschlüsse werden grundsätzlich in einer Eigentümerversammlung gefasst, also durch die Abgabe der Stimmen der anwesenden oder durch Vollmacht vertretenen Eigentümer.

Nach § 23 Abs. 3 S. 1 WEG ist eine Beschlussfassung jedoch (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.07.2023 14:07
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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