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Aktuell im MietRB

Lärm und andere Belastungen des Mietverhältnisses „von außen“ – Teil I (Siegmund, MietRB 2023, 238)

Es gibt Belastungen der Wohnsituation, die „von außen“ auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Mieter und dem Vermieter einwirken, in diesem aber nicht ihre unmittelbare Ursache haben, sondern im weitesten Sinne von Dritten ausgehen. Solchen Belastungen kann das Verhalten anderer Mitbewohner des Mehrfamilienhauses zugrunde liegen. Sie können sich aber auch aus baulichen Gegebenheiten oder Veränderungen des Gebäudes selbst ergeben oder aus (zeitlich begrenzten) Einwirkungen aus der Nachbarschaft resultieren.

Der aus zwei Teilen bestehende Beitrag befasst sich mit rechtlichen und tatsächlichen Problemen in typischen, in der Praxis häufig auftretenden Fallkonstellationen. Der erste Teil hat verhaltensbedingte Belastungen des Mietverhältnisses „von außen“ zum Gegenstand, der zweite Teil bauliche Ursachen und Einwirkungen aus dem Wohnumfeld, insbesondere durch Bautätigkeit.


I. Verhaltensbedingte Störungen – Lärm, Beleidigungen, (Drohung mit) tätliche(en) Angriffe(n) in Mehrfamilienhäusern

1. Typische Fallkonstellationen

2. Lärm und andere verhaltensbedingte Störungen als Kündigungsgrund

a) Die fristlose Kündigung nach §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB

aa) Die nachhaltige Störung des Hausfriedens

bb) Mietermehrheit und Erfüllungsgehilfen

cc) „Kinderlärm“

b) Die fristgemäße Kündigung nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB

3. Abmahnung und Kündigungserklärung

a) Die Abmahnung

aa) Erfordernis und Zweck der Abmahnung

bb) Inhaltliche Anforderungen an die Abmahnung

b) Die Kündigungserklärung

4 Prozessuale Fragestellungen

a) Anforderungen an den Vortrag und Beweislast

b) Schwierigkeiten der Sachverhaltsaufklärung

c) Klage auf Feststellung einer Mietminderung


I. Verhaltensbedingte Störungen – Lärm, Beleidigungen, (Drohung mit) tätliche(en) Angriffe(n) in Mehrfamilienhäusern

1. Typische Fallkonstellationen


Verhaltensbedingte Lärmstörungen beschäftigen die Rechtsprechung vorrangig im Rahmen von Räumungsklagen nach Ausspruch einer fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung, nur sekundär im Zusammenhang mit Zahlungsklagen bzw. Klagen auf Feststellung einer Mietminderung.

Ausgangsfälle

a) In einem Mehrfamilienhaus kommt es fortwährend zu Auseinandersetzungen der Mieterin und ihres Lebensgefährten mit den Mietern R., J. und St. Dem Lebensgefährten werden (u.a.) Angriffe auf den Hausmeister und den Mieter R. sowie die Bedrohung der Mieterin R. vorgeworfen, der Mieterin und dem Lebensgefährten gemeinsam Äußerungen wie: „Ich zerschlage Ihre Wohnung!“, „Blöde Sau“, „Die Schlampe jetzt auch noch“, zudem das gemeinsame (bedrohliche) Aufstellen in der Eingangstür der im EG befindlichen Galerie der J. Die Vermieterinnen kündigen das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß.

b) Der Beklagte zu 1) bewohnt die an ihn 2005 vermietete Wohnung zunächst mit seinem früheren (eingetragenen) Lebenspartner. Die Lebenspartnerschaft wurde später aufgehoben, ohne dass eine Trennung beabsichtigt war. Der Lebenspartner heiratete die Beklagte zu 2), die mit den zwei gemeinsamen Kindern zum Jahreswechsel 2016/17 mit in die Wohnung einzog. Nunmehr beschweren sich andere Mieter über Lärm aus der Wohnung des Mieters: Poltern, Stampfen, lautes Gerenne und Geschrei, Türenschlagen, Möbelrücken, Trompetenspiel, teilweise bis nach Mitternacht. Die Klägerin mahnte den Beklagten zu 1) (u.a.) wegen der Lärmstörungen ab und kündigt wegen nachfolgend weiterer Ruhestörungen das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Die Gemeinsamkeit der Fälle besteht darin, dass der Vermieter selbst letztlich außerhalb des Konfliktes steht.

Sein Einschreiten im Wege des Ausspruchs einer Kündigung gegenüber dem „Störer“ bzw. den „Störern“ beruht auf seiner vertraglichen Verpflichtung den anderen Mietern gegenüber, dafür Sorge zu tragen, dass sie die an sie vermietete Wohnung vertragsgemäß ihrer Funktion nutzen können.

Die „gestörten“ (oder sich nur gestört fühlenden) Mieter können ihren Anspruch (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.08.2023 07:57
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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