Otto Schmidt Verlag

LG Saarbrücken v. 20.10.2023, 15 O 182/22

Nutzungsausfall einer Dusche rechtfertigt einen Ausfallschaden von mind. 20 %

Der längere Entzug der Gebrauchsmöglichkeit von zum Eigengebrauch erworbenen Wohnraum ist insoweit ersatzfähig, wenn der Nutzungsausfall zu einer fühlbaren Gebrauchsbeeinträchtigung geführt hat, wobei hierfür ein strenger Maßstab anzulegen ist. Der Nutzungsausfall einer Dusche aufgrund mangelhafter Arbeiten oder Nichtlieferung rechtfertigt einen Nutzungsausfallschaden von mindestens 20 % einer bereinigten ortsüblichen Vergleichsmiete je Monat.

Der Sachverhalt:
Der Beklagte hatte Umbauarbeiten im Bestand an der Heizungsanlage sowie an Wasserleitungen des Anwesens der Klägerin erbracht. Mit Schreiben vom 12.10.2020 hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten diverse Mängel gerügt und eine Fertigstellungsfrist auf den 22.10.2020 gesetzt. Auch eine weitere Frist zum 23.10.2020 zur Fertigstellung und Beseitigung von Mängeln verstrich fruchtlos. Zum 21.10.2020 ließ der Beklagte die Mängelrügen zurückweisen. Eine Mängelbeseitigung erfolgte nicht. Im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens wurden durch den Sachverständigen diverse Mängel festgestellt.

Die Klägerin begehrte einen Mängelbeseitigungsvorschuss i.H. der vom Sachverständigen festgestellten Mängel nebst einem Aufschlag von 20 % für zwischenzeitlich eingetretene Kostensteigerungen und den Ersatz für die Aufwendungen hinsichtlich einer nicht gelieferten Duschkabine nebst dem besagten Aufschlag. Daneben machte die Klägerin einen Anspruch wegen Nutzungsausfall geltend. In Ansatz gebracht wurden dabei 20 % von einer bereinigten Miete von 1.000 €, also 200 € monatlich bei 30 Mieten also insgesamt 6.000 €. Der Beklagte erklärte, die Nutzbarkeit der Wohnung der Klägerin sei nicht unerträglich eingeschränkt gewesen. Sie hätte die Dusche selbst fertigstellen können.

Das LG gab der auf rund 19.976 € gerichteten Zahlungsklage weitestgehend statt.

Die Gründe:
Der Klägerin steht ein Vorschussanspruch i.H.v. 13.374 € gegen den Beklagten aus §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB zu. Es bestand zwischen den Parteien ein wirksamer Werkvertrag, das Mängelgewährleistungsrecht war anwendbar und die Gewährleistung nicht ausgeschlossen. Die Werkleistung war i.S.d. § 633 BGB mangelhaft, es erfolgte eine fruchtlose Fristsetzung und die Aufwendungen waren in dieser Höhe erforderlich, wobei ein fiktiver Werklohn anzurechnen war. Lediglich hinsichtlich einzelner Schadensposten und Teilen des Zinsanspruchs war die Klage teilweise abzuweisen.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Vorschuss für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen, § 637 Abs. 3 BGB. Denn der Unternehmer hat die Aufwendungen des Bestellers zu ersetzen, die zur Mangelbeseitigung erforderlich sind. Der Besteller darf dabei die Aufwendungen tätigen, die geeignet sind, um den Mangel sicher zu beseitigen. Stehen dazu mehrere Wege zur Verfügung, so ist bei gleicher Eignung der Weg zu wählen, den ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Besteller bei einer ex-ante-Betrachtung nach sachkundiger Beratung beschreiten würde. Dabei dürfen die Anforderungen an den Besteller bei der Auswahl eines Drittunternehmers und seiner Beaufsichtigung nicht überspannt werden.

Der Klägerin ist auch ein Nutzungsausfallschaden i.H.v. 6.000 € zuzubilligen. Zu den nach § 280 Abs. 1 BGB ersatzfähigen Schadenspositionen gehören nach ständiger Rechtsprechung auch Nutzungs- bzw. Betriebsausfallschäden. Ein Nutzungsausfallschaden kann zwar nicht ohne weiteres gewährt werden. Voraussetzung ist vielmehr, dass die Nutzung einer Sache entzogen wurde, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist. Der längere Entzug der Gebrauchsmöglichkeit von zum Eigengebrauch erworbenen Wohnraum ist insoweit ersatzfähig, wenn der Nutzungsausfall zu einer fühlbaren Gebrauchsbeeinträchtigung geführt hat, wobei hierfür ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Insoweit bedarf es für einen Vermögensschaden, dass das Haus für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist. Für einzelne Räume wie Hobbyräume oder Kinderspielkeller, eine nicht genutzte Terrasse, einen nicht nutzbaren Garten oder eine Garage ist ein derartiger nicht denkbar. Der Nutzungsausfall einer Dusche aufgrund mangelhafter Arbeiten oder Nichtlieferung rechtfertigt allerdings einen Nutzungsausfallschaden von mind. 20 % einer bereinigten ortsüblichen Vergleichsmiete je Monat. Hierbei hat sich das Gericht an einer Entscheidung des AG Köln (v. 1.4.1996, 206 C 85/95) orientiert.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.11.2023 16:03
Quelle: Bürgerservice Saarland

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