Otto Schmidt Verlag

BGH v. 7.12.2023 - VII ZR 231/22

Bauträgervertrag: Verjährung eines einheitlich für Grundstücksanteil und Eigentumswohnung vereinbarten Vergütungsanspruchs

Verpflichtet sich der Veräußerer eines Grundstücksanteils in einem Bauträgervertrag zur Errichtung einer Eigentumswohnung, verjährt sein einheitlich für Grundstücksanteil und Eigentumswohnung vereinbarter Vergütungsanspruch gem. § 196 BGB in zehn Jahren.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung der letzten Rate aus einem Bauträgervertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung i.H.v. rd. 16.000 € nebst Zinsen. Mit notariellem Bauträgervertrag vom 26.2.2013 veräußerte die Klägerin an die Beklagten zwei Miteigentumsanteile an einer von der Klägerin auf klägerischem Grundbesitz in H. zu errichtenden Anlage, verbunden mit dem Sondereigentum an einer näher bezeichneten Wohnung und dem Sondereigentum an einem näher bezeichneten PKW-Abstellplatz im Untergeschoss, zum Preis von insgesamt rd. 450.000 €. Der Vertrag enthält einen Ratenplan zur Kaufpreiszahlung. Danach ist der Kaufpreis, soweit die näher bezeichneten Grundfälligkeitsvoraussetzungen vorliegen, in sieben vom Baufortschritt abhängigen Raten zu zahlen. Die Schlussrate von 3,5 % des vereinbarten Preises (rd. 16.000 €) ist vertragsgemäß nach vollständiger Fertigstellung zu zahlen.

Am 20.6.2014 führte die Klägerin unter Beteiligung der Streithelferin zu 3) und der Beklagten eine Begehung der Wohnung durch. Dabei wurde ein von den Anwesenden unterzeichnetes Abnahmeprotokoll erstellt, in dem 27 Beanstandungen aufgeführt wurden. In diesem Protokoll heißt es u.a.: "Die Übergabe/Abnahme erfolgt gemäß des Kaufvertrags vom 26.2.2013; UR Nr. ." Am 6.11.2014 erklärten die Beklagten die Abnahme des Gemeinschaftseigentums - rückwirkend zum 23.6.2014 - ohne Außenanlagen und Tiefgarage und - rückwirkend zum 11.7.2014 - die Abnahme hinsichtlich Außenanlagen und Tiefgarage. Mit Bautenstandsmeldung vom 21.11.2014 erklärte die Klägerin, das Objekt vollständig fertiggestellt zu haben. Mit Schreiben vom 24.11.2014 teilte die Klägerin den Beklagten mit, dass der Bautenstand "vollständige Fertigstellung" erreicht sei, und forderte diese zur Zahlung der letzten noch offenen Rate i.H.v. rd. 16.000 € auf. Mit Schreiben vom 8.12.2014 wiesen die Beklagten die Rechnung wegen Baumängeln zurück.

Die Klägerin begehrte gegenüber den Beklagten mit bei Gericht am 28.12.2017 eingegangenem Antrag den Erlass eines Mahnbescheids. Gegen den den Beklagten am 3.1.2018 zugestellten Mahnbescheid vom 29.12.2017 erhoben diese am 11.1.2018 Widerspruch, worüber die Klägerin am 15.1.2018 informiert wurde. Die Beklagten verzichteten zunächst auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2018. Nach Eingang des Kostenvorschusses am 28.12.2018 wurde der Rechtsstreit am 2.1.2019 an das LG abgegeben. Die Anspruchsbegründung der Klägerin vom 24.9.2020 wurde den Beklagten am 5.2.2021 zugestellt. Die Beklagten erhoben im Rechtsstreit die Einrede der Verjährung. Daneben berufen sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der von ihnen gerügten Mängel, deren Beseitigungsaufwand sie unter Berücksichtigung eines anzusetzenden Druckzuschlags auf rd. 34.000 € beziffern. Die Klägerin erkannte eine Minderung ihrer Vergütung wegen Mängeln i.H.v. 200 € an und brachte diesen Betrag von der Schlussrate in Abzug. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass die erhobenen Mängelrügen kein Zurückbehaltungsrecht, jedenfalls nicht in Höhe der Klageforderung, rechtfertigten.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Mit der vom OLG gegebenen Begründung kann die Zurückweisung der klägerischen Berufung nicht gerechtfertigt werden. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der restlichen Vergütung aus dem Bauträgervertrag unterliegt der zehnjährigen Verjährungsfrist gem. § 196 BGB und ist noch nicht verjährt.

Zu Recht hat das OLG angenommen, dass die hier vereinbarte Bauträgervergütung nicht aufteilbar ist in einen Kaufpreis für die Grundstücksanteile einerseits und eine Vergütung für die Bauleistungen andererseits. Nach ständiger Senatsrechtsprechung handelt es sich bei einem Bauträgervertrag um einen einheitlichen Vertrag, der neben werkvertraglichen auch kaufvertragliche Elemente enthält. Grundsätzlich ist bei Bauträgerverträgen hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks Werkvertragsrecht, hinsichtlich der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück hingegen Kaufrecht anzuwenden. Eine Aufteilung der Bauträgervergütung in einen Kaufpreis für das Grundstück einerseits und eine Vergütung für die Bauleistungen andererseits kommt nur in Betracht, wenn die Parteien eine derartige Aufteilung vereinbaren. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weshalb der Anspruch der Klägerin eine einheitliche Vergütung mit der Folge zum Gegenstand hat, dass der Vergütungsanspruch nur einheitlich verjähren kann.

Für den einheitlichen Vergütungsanspruch des Bauträgers gilt jedoch entgegen der Auffassung des OLG nicht die dreijährige Regelverjährungsfrist gem. § 195 BGB, sondern die zehnjährige Verjährungsfrist gem. § 196 BGB. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, nach welchen Vorschriften sich die Verjährung dieses Anspruchs richtet. Nach einer Auffassung unterliegt er der dreijährigen Regelverjährungsfrist gem. § 195 BGB. Nach anderer, überwiegend vertretener Auffassung gilt für den Anspruch insgesamt die zehnjährige Verjährungsfrist gem. § 196 BGB. Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.

§ 196 BGB ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift geregelte Verjährungsfrist für den einheitlichen Vergütungsanspruch des Bauträgers aus einem Bauträgervertrag gilt. Nach § 196 BGB verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in zehn Jahren. § 196 BGB verdrängt insoweit als speziellere gesetzliche Regelung die Vorschrift des § 195 BGB. Die Vorschrift des § 195 BGB stellt innerhalb des Verjährungsrechts die Grundnorm dar. Sie ist jedoch nur anwendbar, wenn sie nicht durch eine speziellere Regelung verdrängt wird. § 196 BGB stellt eine solche speziellere Verjährungsregelung dar. Diese spezielle Verjährungsregelung ist auch auf den Vergütungsanspruch des Bauträgers anwendbar.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Anspruch der Klägerin nicht verjährt. Nach § 200 Satz 1 BGB beginnt die zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB mit der Entstehung des Anspruchs. Hierunter ist der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann. In der Regel ist damit, sofern keine besonderen Absprachen getroffen sind, der Zeitpunkt der Fälligkeit maßgebend. Danach ist die zehnjährige Verjährungsfrist gem. § 196 BGB im Streitfall nicht abgelaufen. Denn der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der letzten Rate ist jedenfalls nicht vor November 2014 fällig geworden.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.01.2024 15:51
Quelle: BGH online

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