Otto Schmidt Verlag

LG Frankenthal v. 24.1.2024 - 2 S 85/23

Anspruch auf den Rückschnitt einer Hecke kann nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein

Wer an der Grenze zu seinem Nachbargrundstück eine Hecke anlegt, muss nach dem geltenden Nachbarrecht dafür sorgen, dass die Pflanzen je nach Grenzabstand eine bestimmte Höhe nicht überschreiten. Tut er das nicht, so kann der Nachbar den Rückschnitt der Hecke verlangen und im Notfall auch gerichtlich durchsetzen. Der Anspruch auf den Rückschnitt kann jedoch nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein.

Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Nachbarn zweier aneinandergrenzenden Grundstücke. Direkt an der Grundstücksgrenze - auf dem Grundstück des Beklagten - ist eine Hecke gepflanzt, die durchgehend eine Höhe von 2,20 Metern aufweist. Unter Berufung auf das geltende Landesrecht verlangte der Kläger vom Beklagten, dass die Hecke auf einer Höhe von maximal eineinhalb Metern gehalten werde. Auch auf dem Grundstück des Klägers direkt hinter der Grundstücksgrenze ist eine drei bis vier Meter hohe Kugelhecke und eine etwa zweieinhalb Meter hohe Zypresse gepflanzt.

Das AG gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten zum entsprechenden Rückschnitt in der Zeit von 1.10. und 15.3. eines jeweiligen Jahres. Auf die Berufung des Beklagten hat das LG die Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückschnitt der Hecke.

Zwar gilt grundsätzlich, dass die nach dem Nachbarrecht zulässige Höhe einer Hecke einzuhalten ist. Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis ist aber stark von den sog. Grundsätzen von Treu und Glauben geprägt. Infolgedessen gelten Pflichten zur gegenseitigen Rücksichtnahme, die zu einer Beschränkung bis hin zum Ausschluss nachbarrechtlicher Rechte führen können.

Somit konnte auch im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch auf dem Grundstück des klagenden Nachbarn direkt hinter dem Zaun eine drei bis vier Meter hohe Kugelhecke und eine etwa zweieinhalb Meter hohe Zypresse gepflanzt sind. Dadurch wird ebenfalls gegen das Nachbarrecht verstoßen. Und wer sich selbst nicht regelgerecht verhält, ist nach Treu und Glauben von Ansprüchen gegen seinen Nachbarn ausgeschlossen.

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Aufsatz
Alexander Stöhr / Carolin Ganz
Rechtsschutz gegen Tierlärm im Nachbarschaftsverhältnis
MDR 2023, 1496

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 31.01.2024 16:01
Quelle: LG Frankenthal - Pressemitteilung v. 31.1.2024

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