Otto Schmidt Verlag

Aktuell im MietRB

Abmahnungen im Kontext des WEG – Teil II (Köhler, MietRB 2024, 82)

Abmahnungen können in allen wirtschaftlichen Rechtsbeziehungen eine bedeutende Rolle spielen, auch bei den rechtsanwaltlichen Tätigkeitsschwerpunkten Wohnungseigentumsrecht oder Arbeitsrecht und bei der Kombination beider Schwerpunkte. Im Teil 1 dieses Beitrags (MietRB 2024, 51 ff.) wurden der Begriff und die notwendigen Inhalte einer Abmahnung erläutert und bei den einzelnen abmahnungsrelevanten Rechtbeziehungen das Außenverhältnis für arbeitsrechtliche Abmahnungen, für Abmahnungen gegenüber der Verwaltung und für Abmahnungen gegenüber Mitgliedern der Gemeinschaft näher betrachtet. Es war Kritik an der herrschenden Meinung notwendig, die nämlich postuliert, bei Mitgliedern der Gemeinschaft müssten mehrere Störungsvorfälle nach erteilter Abmahnung vorliegen, bevor weitere Maßnahmen nach § 17 WEG ergriffen werden dürften. Der Teil 2 beschäftigt sich u.a. mit den Fragen, ob abgemahnten Personen (gerichtliche) Rechtsbehelfe gegen die erteilte Abmahnung zur Verfügung stehen und wie solche zu gestalten sind – auch hier wird erneut die herrschende Meinung kritisch beleuchtet und in Frage gestellt. Bei dem Innenverhältnis (abmahnende Person zur Gemeinschaft) wird auch die Frage aufgeworfen, ob für beauftragte Mitglieder der Gemeinschaft die gesetzliche Haftungsprivilegierung des § 29 Abs. 3 WEG eingreift.


VI. Rechtsbehelfe abgemahnter Personen

1. Arbeitsrechtliche Rechtsbehelfe

2. Rechtsbehelfe von Verwaltungen

3. Rechtsbehelfe von Mitgliedern der Gemeinschaft

a) Abmahnung durch die Verwaltung

b) Abmahnung durch konkreten Versammlungsbeschluss

c) Abmahnungsbeschluss ohne konkretisierten Inhalt

VII. Abmahnungsbefugnis im Innenverhältnis

1. Arbeitsrechtliche Rechtsbeziehung

2. Verwaltungs-Rechtsbeziehung

3. Rechtsbeziehung WEG – Wohnungseigentümer(innen)

VIII. Fazit


VI. Rechtsbehelfe abgemahnter Personen

1. Arbeitsrechtliche Rechtsbehelfe


In Teil 1 (unter V.1.) wurde erwähnt, eine Abmahnung von abgemahnten Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen könnte zurückgewiesen werden, wenn der Nachweis der Verwaltereigenschaft nicht erfolgte und auch nicht bekannt ist, dass der Abmahnende das Verwaltungsamt für die Eigentümergemeinschaft (noch) innehat. Das ist allerdings kein echter Rechtsbehelf und es ist außerdem auch eine taktische Frage, ob eine Zurückweisung erfolgen sollte.

Beraterhinweis Falls die Abmahnung keine inhaltlichen Fehler aufweist, könnte eine Zurückweisung in Betracht gezogen werden. Wenn die Abmahnung allerdings offenkundig inhaltlich fehlerhaft (und damit unwirksam) ist, bietet sich eine Zurückweisung eher nicht an. Nach einer erfolgten Zurückweisung könnte nämlich fundierter Rechtsrat eingeholt werden, aufgrund dessen die inhaltliche Fehlerhaftigkeit entdeckt würde. Damit würde die Arbeitgeberseite schon vor einem Kündigungsrechtsstreit auf die Fehler hingewiesen. Der Arbeitgeberseite würde also Gelegenheit gegeben, eine neue – inhaltlich ordnungsgemäße – Abmahnung zu fertigen. Eine gesetzliche Frist (wie bei § 626 BGB), innerhalb der eine Abmahnung ausgesprochen werden muss, gibt es nämlich nicht, weshalb eine wirksame Abmahnung (bevor eine Kündigung ausgesprochen wurde) noch nachgeholt werden könnte.

Ein echter Rechtsbehelf ist eine Klage gegen die erteilte Abmahnung. Nach einhelliger Auffassung in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur können Arbeitnehmer(innen) die ihnen erteilten Abmahnungen gerichtlich überprüfen lassen. Ziel ist dabei, die Abmahnung zu beseitigen und zurücknehmen zu lassen (zu widerrufen) sowie aus der Personalakte zu entfernen. Nach einem Urteil, das einen solchen Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte rechtskräftig bestätigt hat, kann die Abmahnung nicht mehr verwendet werden.

Schon vor langer Zeit hat das BAG in einem Fall ausgeführt, Arbeitnehmer könnten von dem Arbeitgeber verlangen, eine missbilligende Äußerung (Abmahnung) aus der Personalakte zu entfernen, wenn in ihr unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalten sind, die den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung und seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen können. Dies ergebe sich aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die auf dem Gedanken von Treu und Glauben beruht. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben habe der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Bezug auf Ansehen, soziale Geltung und berufliches Fortkommen zu beachten, weshalb bei einem objektiv rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ein Anspruch auf Widerruf bzw. Beseitigung der Beeinträchtigung bestehe.

Eine Abmahnung ist nach allgemeiner (arbeitsrechtlicher) Auffassung rechtswidrig und ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte besteht nach §§ 242, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.

Ist die Abmahnung dagegen berechtigt (= nicht rechtswidrig) kann ihre Entfernung aus der Personalakte nur verlangt werden, wenn das gerügte Verhalten für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht bedeutungslos geworden ist.

Beraterhinweis Für die Verwaltungspraxis – und die rechtsanwaltliche Beratung – bedeutet das, (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.03.2024 15:35
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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