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Die Begründung von Sondernutzungsrechten (Schultzky, MietRB 2024, 179)

Sondernutzungsrechte sind von der Rechtspraxis ursprünglich entwickelt worden, um nicht sondereigentumsfähige Räume, Grundstücks- und Gebäudeteile einem Wohnungseigentümer zur alleinigen Nutzung zuweisen zu können. Mit der WEG-Reform 2020 hat der Gesetzgeber auf dieses Bedürfnis reagiert und die Sondereigentumsfähigkeit auf Freiflächen erweitert (§ 3 Abs. 2 WEG).
Dennoch haben die Sondernutzungsrechte ihren Sinn auch dort nicht verloren, wo Sondereigentum geschaffen werden kann. Denn sie ermöglichen es insbesondere, bei der Begründung den vielgestaltigen Anforderungen von Bauträgern als teilenden Eigentümern gerecht zu werden.


I. Sondernutzungsrecht als „wirtschaftliches Eigentum“

II. Begründung durch Vereinbarung

1. Notwendigkeit einer Vereinbarung

2. Grundbucheintragung

a) Eintragung ins Bestandverzeichnis

b) Zustimmungserfordernisse

c) Bestimmtheitserfordernis

3. Anspruch auf Begründung eines Sondernutzungsrechts

III. Beschlussfassungen über Sondernutzungsrechte

1. Fehlende Beschlusskompetenz

2. Auslegung eines „Beschlusses“ als Vereinbarung

3. Beschlusskompetenz durch Öffnungsklauseln

IV. Nachträgliche Zuordnung von Sondernutzungsrechten

1. Bevollmächtigung des teilenden Eigentümers

2. Ermächtigung in der Teilungserklärung

3. Parken von Sondernutzungsrechten

4. Gestreckte Begründung

V. Ergebnis


I. Sondernutzungsrecht als „wirtschaftliches Eigentum“

Unter einem Sondernutzungsrecht wird allgemein das einem Wohnungseigentümer eingeräumte dauernde alleinige Recht zur Nutzung von Gemeinschaftseigentum (positive Komponente) unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer (negative Komponente) verstanden. Entscheidend ist die inhaltliche Ausgestaltung, nicht die Bezeichnung der Regelung bei Begründung durch das Rechtsgeschäft oder bei Eintragung im Grundbuch.

Mit Sondernutzungsrechten soll deren Inhabern in der Regel eine gefestigte Stellung, vergleichbar derjenigen eines Sondereigentümers, an dem jeweiligen Gegenstand verschafft werden. Das kann dadurch erreicht werden, dass die das Sondernutzungsrecht begründende Vereinbarung der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 3 S. 1 WEG ins Grundbuch eingetragen wird. Die Vereinbarung wirkt so auch gegen Sonderrechtsnachfolger, bleibt mithin bei Veräußerungen von Wohnungseigentumseinheiten unberührt. Nach wohl herrschender Ansicht kommt dem Sondernutzungsrecht nach seiner Eintragung deshalb ein „dinglicher Charakter“ oder eine „dingliche Wirkung“ zu. Für diese Ansicht lässt sich auch der Wortlaut des § 5 Abs. 4 S. 1 WEG heranziehen, wonach Vereinbarungen zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden können. Es ist gerade ein typisches Element der Sachenrechte, im Gegensatz zu den Schuldrechten inter omnes und nicht inter partes zu wirken.

Sondernutzungsrechte können an allen Gegenständen des Gemeinschaftseigentums begründet werden. Deren Sondereigentumsfähigkeit nach § 3 WEG ist gerade keine Voraussetzung. Im Regelfall beziehen sie sich auf eine bestimmte Fläche auf dem Grundstück oder am Gebäude, z.B. auf eine Dachfläche. Zulässig ist es aber auch, das Sondernutzungsrecht an einem bestimmten, auch beweglichen Gegenstand des Gemeinschaftseigentums zu begründen, z.B. an einer Schiebepalette in einer Tiefgarage oder einem Kfz-Stellplatz auf einem Mehrfachparker. Sondernutzungsrechte können auch für ganze Wohnungen, die im Gemeinschaftseigentum stehen, vereinbart werden.

II. Begründung durch Vereinbarung

1. Notwendigkeit einer Vereinbarung


Die Begründung eines Sondernutzungsrechts setzt eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer voraus. Dem steht eine Regelung in der Teilungserklärung (§ 8 WEG) gleich. Werden Sondernutzungsrechte vom aufteilenden Beiträger mit den Erwerbern in den Kaufverträgen vereinbart, entfalten diese als schuldrechtliche Vereinbarungen Wirkung unter den Erwerbern, wenn die erforderliche Allseitigkeit durch Vereinbarung in allen Erwerbsverträgen gewahrt ist.

Ein Sondernutzungsrecht kann auch durch eine konkludente Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet werden, wenn (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.06.2024 09:11
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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